Sie wollten doch in die EU: Jetzt kämpfen Serben auf Putins Seite!
Serbische Organisationen preisen Putins Krieg, serbische Kämpfer posieren auf Facebook und ermuntern andere Serben, Russlands Invasion in der Ukraine vor Ort zu unterstützen. Das ist politisch brisant: Offiziell verhält sich Serbien militärisch neutral und will in die EU.
Eigentlich möchte Serbien der EU beitreten. Für Präsident Aleksandar Vucic ist Beitritt ein “strategisches Ziel”, wie er mehrmals unterstrich. Doch seit Beginn des Kriegs in der Ukraine ist davon nicht mehr viel zu bemerken. Serbische Medien sind voll mit russischer Propaganda und darüber hinaus wird im Land aktiv um freiwillige Kämpfer geworben, die in der Ukraine Putins Invasion unterstützen.
Ukrainischer Militärgeheimdienst: Russland wirbt um serbische Söldner
Russland rekrutiert, trainiert und bezahlt Söldner aus dem Ausland. Neben syrischen Kämpfern – Verteidigungsminister Sergej Schoigu spricht von 15.000 Söldnern aus dem Nahen Osten – wirbt Moskau gezielt um serbische Söldner, sagen der ukrainische Militärgeheimdienst (GUR) und der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte einhellig und unabhängig von einander.
“Nach den vorliegenden Informationen ist eine große Zahl von Kämpfern aus anderen Ländern (Syrien, Serbien) beteiligt”, berichteten am Sonntag die ukrainischen Streitkräfte.
Bereits 2014 reisten Serben zum Kampf in den Donbass
Freiwillige aus Serbien und der bosnisch-serbischen Entität Republika Srpska kämpften bereits im Jahr 2014 im Donbass auf russischer Seite. Auch damals waren zuvor Aufrufe an sie ergangen, sagt Kacper Rekawek vom Zentrum für Extremismusforschung der Universität Oslo gegenüber der Website Balkan Insight.
Während diese Aufrufe für Freiwillige im Jahr 2014 noch eher versteckt waren, seien sie jetzt in allen sozialen Netzwerken sichtbar und enthielten klare Hinweise, wie man an die Front kommt, berichtet der Extremismusforscher. “Wir werden sehen, wie viele Menschen gehen werden, ich bin sicher, es werden mehr sein als 2014.”
Mehr politisches als militärisches Gewicht
Für Predrag Petrovic vom Belgrader Zentrum für Sicherheitspolitik haben diese freiwilligen Kämpfer im Gegensatz zu 2014 mehr politisches als militärisches Gewicht. “Diese Freiwilligen können heute nicht mehr so viel bewirken wie 2014 oder 2015. Die Militäroperation ist jetzt umfangreicher. Sie sind nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein”, unterstreicht Petrovic gegenüber Balkan Insight.
Allerdings sei ihre Bereitschaft, sich an Militäroperationen zu beteiligen, von politischem Gewicht und könne Folgen für Serbien und andere Länder des Westbalkans haben.
Russische Invasion wird als Gerechtigkeit empfunden
Pro-russische Organisationen in Serbien untergraben nämlich die offizielle serbische Politik der militärischen Neutralität mit ihren Aufrufen zur Reise in die Ukraine. “Unseren Untersuchungen zufolge haben Organisationen, die die Ausreise an die ukrainische Front propagieren, großen Erfolg und finden bei den serbischen Bürgern Anklang”, sagt Predrag Petrovic.
Viele Serben würden das, was das russische Regime in der Ukraine tut, feiern, da es für sie eine Art Gerechtigkeit darstellt nach der westlichen Unterstützung für die abtrünnigen jugoslawischen Republiken und für den Kosovo in den 1990er Jahren. Mit anderen Worten: “Der Westen ist jetzt mit dem konfrontiert, was er in den 1990er Jahren mit Serbien gemacht hat”.
Kosaken als Schützer der russischen Grenzen
Einer der pro-russischen Kämpfer ist Nikola Djakonov. Das ehemalige Vorstandsmitglied der Union der Donbass-Freiwilligen und jetzt der Union der Kosakensoldaten Russlands hat einen direkten Draht zum Kreml. Seit Beginn der russischen Invasion veröffentlicht er auf seiner Facebook-Seite Aufrufe für Freiwillige. Nun sei ein wichtiger und entscheidender Moment in der russischen Geschichte, schrieb er kürzlich. Es sei an der Zeit, “die Bürger der unabhängigen Republiken Donezk und Luhansk vor dem Blutvergießen der Neonazis zu schützen”.
Die Kosaken seien für den Schutz der russischen Grenzen stets von entscheidender Bedeutung gewesen. “Unsere Aufgabe in diesen schwierigen und entscheidenden Tagen der Weltgeschichte ist es, den Präsidenten [Putin] und unsere Streitkräfte zu unterstützen, die die wichtigsten geopolitischen Aufgaben lösen. Wenn Hilfe benötigt wird, darf man nicht abseits stehen”, schrieb Djakonov.
Die Routen für die Reise an die Fronten würden sich nicht von denen des Jahres 2014 unterscheiden, sagt Petrovic: “Serbien hat keine Sanktionen gegen Russland eingeführt und die Zahl der Flüge von Serbien nach Russland hat zugenommen.”
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