Sobotka gegen Umbenennung von NS-belasteten Straßennamen
Im Umgang mit NS-belasteten Straßennamen plädiert Nationalratspräsident Sobotka für historische Ergänzungen statt für die Umbenennung. Außerdem möchte er eine Regelung für den Umgang mit Sterbehilfe in der Verfassung verankern lassen.
Nationalratspräsident Sobotka (ÖVP) zeigt sich im APA-Interview nicht begeistert von der Umbenennung von Orten, die nach Personen benannt sind, die eine Nähe zum Nationalsozialismus aufweisen. “Wenn man ein Geschichtsbild korrigieren möchte oder neue Unterlagen hat, ist es notwendig, das dementsprechend zu setzen, ohne den Namen gleich wieder zu entfernen”, meint er. “Ich halte es für spannender, wenn man beispielsweise unter den Straßennamen der belasteten Person eine entsprechende Erklärung setzt. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, weil es ein offenes und ehrliches Umgehen mit der Geschichte ist.”
Die Zeit des Austrofaschismus bezeichnet der Historiker bevorzugt als “Kanzler-Diktatur”. Für den Nationalratspräsidenten eine Zeit, die noch mehr der Erforschung brauche, wie er sagt. Zu diesem Regime gebe es jedenfalls nichts zu beschönigen. Engelbert Dollfuß, dessen Porträt lange in den Klubräumlichkeiten der Partei hing, sei nicht der “Ahnvater der ÖVP, sondern hat die christlich-soziale Idee sehr schwer beschädigt”, so Sobotka. “Daher soll er auch im Museum bleiben.”
Wie die Geschichte den Wechsel zur “Neue ÖVP” unter Parteichef und Bundeskanzler Sebastian Kurz sehen wird, müssen für Sobotkadie Historiker schlussendlich klären. Nur so viel: “Ich glaube schon, dass der Zugang ein neuer geworden ist. Und vor allem die Haltung. Haben Sie den Kanzler jemals gesehen, dass er entgleist wäre?” Und weiter: “Ich halte es auch für gut, dass man sich keiner modernen Negativ-Strategien, wie Dirty Campaigning bedient. Die Parteifarbe Türkis sei dabei “eine logische Weiterentwicklung, die auch im Außenbild wahrgenommen wird. Auch durch eine neue Farbe”.
U-Ausschuss: Sobotka will über Vorsitz diakutieren
Sobotka zeigt sich weiterhin zuversichtlich, dass Parlamentsabgeordnete und -mitarbeiter im Herbst des kommenden Jahres in den renovierten Bau am Ring zurückkehren werden. Was das neue Haus in jedem Fall sein müsse, sei ein Vorbild in Sachen Inklusion. Immerhin wiesen 20 Prozent der Menschen irgendeine Form einer Behinderung auf.
Änderungen erwartet sich Sobotka, der auch Vorsitzender des Ibiza-Untersuchungsausschusses ist, auch bei den Spielregeln im Haus. “Ich werde nach Ende der Lieferfrist den Parteien einen Vorschlag machen, dass sie sich mit einem Experten zusammensetzen und überlegen, in welche Richtung es gehen könnte. Es sind ja alle unzufrieden”, meint er. So schlägt er abermals vor, komplexe Fragestellungen an Auskunftspersonen schriftlich vorzulegen. “Sehr oft kommt es zu Nachfragen. Da könnte man sich viel Zeit ersparen, es würde auch effizienter werden.”
Auch über den Vorsitz selbst will Sobotka bald diskutieren. So kann er sich zwei Verfahrensrichter vorstellen, die einander abwechseln. Bei möglichen Live-Übertragungen der U-Ausschuss-Sitzungen hat Sobotka keine Präferenz, denn: “Es ist eine zutiefst eigene Aufgabe der einzelnen Fraktionen, sich damit auseinanderzusetzen und im Geschäftsordnungsausschuss zu einem gemeinsamen Vorschlag zu kommen.”
Sterbehilferegelung in Verfassung
Einen Vorstoß machte Sobotka auch mit der Forderung nach einer Verfassungsbestimmung, die nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) den Umgang mit der Sterbehilfe in Österreich regelt. Wie diese aussehen soll, ließ er im APA-Interview offen. Im Umgang mit NS-belasteten Straßennamen plädiert er für historische Ergänzungen statt für die Umbenennung. Den Parlamentsumbau sieht Sobotka im Fahrplan und will das Hohe Haus zum Vorbild für Inklusion machen.
“Gerade die Frage nach der aktiven Sterbehilfe muss mit Sicherheit in die Verfassung aufgenommen werden”, findet Sobotka bei diesem ethisch besetzten Thema. Präferenzen, in welche Richtung dies gehen soll, äußert er aber bewusst keine. “Der Nationalrat muss eine neue Lösung vorlegen, gar keine Frage”, meint er lediglich dazu. Der VfGH hatte ja das Verbot des assistierten Suizids aufgehoben. Die katholische Bischofskonferenz hat danach gefordert, das weiter bestehende Verbot der aktiven Sterbehilfe in den Verfassungsrang zu heben.
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