Seit 2019 wurden über 3.000 Ermittlungsverfahren wegen Sozialbetrugs eingeleitet – der Schaden summiert sich auf rund 25 Millionen Euro. Während die eigens eingerichtete Taskforce Erfolge bei der Aufdeckung verzeichnet, bleibt eine zentrale Frage offen: Wann handelt die Regierung endlich entschlossener, um diese systematische Ausnutzung des Sozialstaats zu stoppen?

Millionenverluste durch Betrug – auf Kosten ehrlicher Steuerzahler

Im Rahmen einer Pressekonferenz in St. Pölten betonte Landespolizeidirektor Franz Popp, wie gravierend das Problem mittlerweile geworden ist. Allein in diesem Jahr habe man 550 Fälle mit einem Gesamtschaden von 3,5 Millionen Euro aufgedeckt. Diese Zahlen, so Popp, zeigten, wie wichtig die Ermittlungen für die „Integrität des Sozialsystems“ seien.

Doch die stetig wachsende Zahl an Betrugsfällen offenbart auch ein strukturelles Problem: Die bestehenden Kontrollmechanismen greifen zu spät, zu zögerlich – und oft gar nicht. Österreich leistet sich ein Sozialsystem, das im internationalen Vergleich großzügig ist, aber gleichzeitig zu leicht ausnutzbar geworden ist.

Ein Netzwerk von Kontrolle – aber zu wenig politische Konsequenz

Die Ermittlungen liegen in den Händen einer Taskforce, die aus rund 20 Behörden besteht. Neben Polizei und Justiz beteiligen sich auch das Landeskriminalamt, die Sozialversicherungsträger, die Finanzbehörden und das AMS an den Ermittlungen. Marcel Höhenberger vom Landeskriminalamt lobte die organisationsübergreifende Zusammenarbeit als „entscheidend“ im Kampf gegen den Betrug.

Doch genau hier liegt der Knackpunkt: Ermittlungen allein genügen nicht, wenn rechtliche Lücken und fehlende Sanktionen weiterhin Schlupflöcher bieten. Es braucht klare politische Leitlinien – etwa strengere Überprüfungen bei Leistungsbezug, schärfere Sanktionen bei Missbrauch und eine konsequente Kürzung von Leistungen, sobald Unregelmäßigkeiten festgestellt werden.

Dreister Einzelfall zeigt Systemversagen

Besonders aufsehenerregend ist der Fall eines 59-jährigen Bosniers, der über Jahre hinweg das Sozialsystem täuschte. Der Mann soll seinen Gesundheitszustand manipuliert, seine Mobilitätseinschränkungen vorgetäuscht und sogar den Lebensmittelpunkt in Österreich nur simuliert haben, um Pflegegeld und Invaliditätspension zu beziehen.

Zwischen Dezember 2022 und März 2025 kassierte der Mann rund 41.500 Euro an unrechtmäßigen Leistungen – und das, obwohl er laut Ermittlungen die meiste Zeit in Bosnien-Herzegowina lebte. Dort besaß er gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Wohnung. Aufzeichnungen über Grenzübertritte untermauern den Verdacht, dass er sich nur zum Schein in Österreich gemeldet hatte.

Als wäre das nicht genug, wurde der Mann sogar dabei beobachtet, wie er ohne Rollator und völlig beschwerdefrei zu seinem Auto ging – nur um kurz darauf in St. Pölten bei der Pensionsversicherungsanstalt als „gehbehindert“ vorzusprechen.