Stichwahl: Heute kann Marine Le Pens Rechte Frankreich übernehmen
Es könnte ein Schicksalstag für Frankreich werden. Die völlig ohne Not von Präsident Emmanuel Macron ausgerufene Neuwahl des Parlaments hat im ersten Durchgang einen klaren Sieg des rechten Rassemblement National (RN) gebracht. Schafft Marine Le Pens Partei am heutigen Sonntag in der Stichwahl eine einfache Mehrheit, wird der RN künftig Frankreich regieren.
Mon dieu, viele Franzosen fassen sich noch immer an den Kopf. Ihr Präsident Emmanuel Macron hat unmittelbar nach der für ihn enttäuschenden EU-Wahl auch den nationalen Urnengang angeordnet. Und sich zumindest im ersten Durchgang kräftig verzockt. Dort holte das Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen mit über 33 Prozent sein bisher stärkstes Ergebnis. Der Zusammenschluss von Linken und Grünen kam auf 28 Prozent, Macrons Mitte-Lager auf nur 20 Prozent.
Unterlegene Parteien bilden Zweckbündnis gegen RN
Die Stichwahl am heutigen Sonntag wird als zukunftsweisend für das Land betrachtet. Der RN bräuchte 289 Sitze, um die absolute Mehrheit in der 577 Sitze umfassenden Nationalversammlung zu erlangen. Nach dem Ergebnis des ersten Wahldurchgangs waren ihm in Prognosen 250 bis 300 Sitze im Parlament vorausberechnet worden.
Doch inzwischen scheint wieder alles offen, die unterlegenen Parteien schlossen sich zu einem Zweckbündnis zusammen. Einziges Ziel: den RN stoppen. Mehr als 200 Kandidaten zogen sich zurück, um die Siegeschancen besser Platzierter in den Wahlkreisen zu erhöhen. “Dies zeigt, dass wir eine absolute Mehrheit für die extreme Rechte vermeiden können“, glaubt Premier Gabriel Attal von Macrons Renaissance-Partei.
Ob das funktioniert, ist ungewiss. Marine Le Pen sagte, sie könne auch auf andere Parteien zugehen, wenn es mit der absoluten Mehrheit nicht klappen sollte. Ihr Kandidat für den Posten des Premierministers, Parteichef Jordan Bardella, will nur eine Regierung bilden, wenn er dafür eine Mehrheit erhält.
Jüngste Umfragen: Le Pen verpasst absolute Mehrheit
Sollte die Wahl, wie die jüngsten Umfragen ergaben, in denen der RN die absolute Mehrheit deutlich verpasste, nicht zu klaren Mehrheitsverhältnissen führen, stehen komplizierte Koalitionsverhandlungen bevor. Eine Koalition mit Melenchons Partei La France Insoumise (LFI) nach der Stichwahl lehnte Macron kategorisch ab. Stattdessen schlug Premier Attal Bedarfs-Allianzen vor. Konservative, Linke und die Parteien der Mitte sollen im Einzelfall kooperieren, um im Parlament Gesetzesvorhaben abzustimmen.
Denkbar wäre auch eine Übergangsregierung aus Technokraten. Das könnte jedoch einen Stillstand für das land bedeuten bedeuten, da neue Vorhaben ohne Mehrheit nur schwer durchgesetzt werden könnten.
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