Verrückter Streit in der SPÖ: Wer ist jetzt wirklich ein Sozialdemokrat?
Der ehemalige ORF-General und Sozialdemokrat Gerhard Zeiler machte den Anfang: “Doskozil ist kein echter Sozialdemokrat”, erklärte er im TV. Damit hat er innerhalb der SPÖ den Startschuss zu einer weiteren Schlammschlacht abgegeben. Ex-Bundesgeschäftsführer und SPÖ-Nationalratsabgeordneter Max Lercher konterte Zeiler umgehend.
Die selbstverordnete Ruhe in der SPÖ währte nur kurz. Dafür sorgt nun der ehemalige ORF-General Gerhard Zeiler. Eigentlich ist Zeiler heute Medienmanager und Präsident von WarnerMedia International – fernab von Wien. Doch die heimische Innenpolitik hat er nie aus den Augen verloren, vor allem mit Blick auf das Geschehen in der SPÖ. Aus seiner politischen Überzeugung macht der Manager kein Geheimnis. 2016 war er sogar als Faymann-Nachfolger im Gespräch, ehe Christian Kern das Rennen machte.
Mit seinem jüngsten Sager sorgte Zeiler aber für einen ordentlichen Eklat in der SPÖ. Seine Aussagen waren unerwartet scharf, unerwartet deutlich und heizen die Grabenkämpfe innerhalb der Sozialdemokratie erst richtig an.
"Unter Parteichef Doskozil trete ich aus der SPÖ aus"
Als Zeiler Dienstagabend auf puls24 auf seine SPÖ-Mitgliedschaft angesprochen wurde, folgte die Überraschung: Im Kampf zwischen dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und der SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner legte er sich fest, viel deutlicher als erwartet: “Es gibt wenige Szenarien, wo ich mir vorstellen kann, nicht mehr Mitglied der SPÖ zu sein, aber eine Kanzlerkandidatur oder eine Parteiführung von Doskozil wäre so ein Fall”, erklärte der Ex-ORF-General.
Warum das so ist, wollte Moderatorin Corinna Milborn wissen. Da folgte der nächste Hammer-Sager: “Weil ich nicht glaube, dass er (Doskozil) Sozialdemokrat ist. Weil ich glaube, dass er sich aus vielerlei Gründen viel zu sehr politisch zu Ansichten hin bewegt, die eigentlich in der FPÖ zu Hause sind, und da würde ich nicht mitmachen.”
Max Lercher zu Zeiler: "Das geht zu weit"
Gleichzeitig stellte er sich hinter Rendi-Wagner, die von der SPÖ-Burgenland mit einer unvorteilhaften Umfrage über ihren Parteivorsitz angegriffen wurde. Diese halte er für eine gute Bundeskanzlerin und SPÖ-Spitzenkandidatin. Sie sei “eine unheimlich gescheite Frau”.
Der ehemalige SPÖ-Geschäftsführer und jetzige Nationalratsabgeordnete Max Lercher will Zeilers Aussagen so nicht unkommentiert stehen lassen. Vor allem, dass sich Zeiler darüber auslässt, wer nun wahrer Sozialdemokrat ist und wer nicht, stößt ihm sauer auf. “Wer mich kennt weiß, dass ich immer für harte inhaltliche Diskussionen zu haben bin”, erklärte Lercher nun auf Twitter. “Aber, dass sich da jemand hinstellt und meint, er kann entscheiden, wer Sozialdemokrat ist und wer nicht, geht zu weit.” Solche Debatten würden primär die Sozialdemokratie selbst gefährden.
Wer mich kennt weiß, dass ich immer für harte inhaltliche Diskussionen zu haben bin. Aber, dass sich da jemand hinstellt und meint, er kann entscheiden, wer Sozialdemokrat ist und wer nicht, geht zu weit. https://t.co/zSsQF8rdFQ
— Max Lercher (@MaxLercher) December 7, 2022
Negativ-Beispiel SPD: Solche Streitereien schaden
“Es ist faszinierend, wie oft wir Sozialdemokrat:innen bereit sind, immer wieder dieselben Fehler zu wiederholen”, fügte Lercher an. “Sozialdemokratische Parteien waren noch nie gut beraten, sich innerhalb der Bewegung auszurichten wer mehr, weniger oder kein:e Sozialdemokrat:in ist.” Ein Negativ-Beispiel sei hier die SPD in Deutschland, die “über Jahre mit sich selbst beschäftigt” war. “Von ‘links’ (wohlgemerkt, innerhalb der SPD) wurde den vermeintlich ‘Rechten’ (immer noch innerhalb der SPD) abgesprochen sozialdemokratisch zu sein und mit Parteiausschlüssen gedroht.”
Es habe ein destruktiver Streit geherrscht. “Einig waren sie sich alle darin: im alleinigen Besitz der Definitionsmacht zu sein, wer oder was sozialdemokratisch ist.” Die SPÖ sei eine “breite Bewegung und das ist gut so”.
Lercher erntet selbst Widerspruch
Leider dürfte Lercher damit die Debatte nicht beendet haben, wie Reaktionen auf Twitter zeigen. “Doskozil schadet aber der Sozialdemokratie!”, entgegnet ihm eine Mitstreiterin. “Das ist ihm egal, Hauptsache, er kann Frau Dr. Rendi-Wagner eins überbraten. So gesehen hat Herr Zeiler recht.” Diese Aussage blieb aber ebenfalls nicht unkommentiert: “Die schlechten Umfragewerte hat aber eher nicht Doskozil zu verantworten.”
Fakt ist: In der SPÖ rumort es. Immer öfter werden die Konflikte auch öffentlich ausgetragen, vor allem angesichts sinkender Umfragewerte. Wer der SPÖ-Spitzenkandidat bei der kommenden Nationalratswahl ist, weiß keiner. Auf einen “echten Sozialdemokraten” werden sich alle hoffentlich einigen können.
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