Während Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gleich am Montag – einen Tag nach dem Sturz des syrischen Diktators Bashar al-Assad – seinen Innenminister Gerhard Karner mit der Aussetzung laufender Asylanträge beauftragte, steigt Brüssel auf die Bremse. Trotz Wegfall des Fluchtgrundes muss nun „abgewartet und die freiwillige Rückkehr unterstützt werden”, so EU-Migrationskommissar Magnus Brunner (ÖVP). Auch Deutschland will erst einmal abwarten: „Wir müssen noch ein paar Tage abwarten, um zu sehen, wohin entwickelt sich Syrien, wie steht es um den Schutz von Minderheiten, von Menschen”, so die Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser laut der APA.

Dass der „Schutz der Menschen” in Syrien wie im gesamten Nahostbereich nicht mit jenem in einer westlichen Demokratie vergleichbar sein wird, ist völlig klar. „Was wir derzeit in Syrien erleben ist die Vollendung des sogenannten arabischen Frühlings. Das hat 2011 begonnen mit den USA und auch Europa im Hintergrund”, so Politexperte Gerald Grosz am Montag in exxpress-live. „Österreich hat den sogenannten Rebellen Millionen im Zuge der Entwicklungszusammenarbeit gegeben. Ich habe damals im Nationalrat gesagt, dass am Ende europäisches Steuergeld dafür sorgen wird, dass Islamisten an die Macht kommen.”

Naher Osten nach Arabischem Frühling immer instabiler

Gaddafi sei laut Grosz ein berechenbarer Autokrat gewesen, heute sei Libyen ein „failed state” (gescheiterte Staat, Anm.), ebenso wie Ägypten nach Mubarak, Irak nach Saddam Hussein und auch der Iran nach dem Sturz des Schah 1979. „Wir haben es dort keineswegs mit stabilen Ländern zu tun und die werden nach dem Arabischen Frühling und auch Syrien erfahrungsgemäß immer instabiler. Das heißt, dieser ganze Nahe Osten wird ein Pulverfass und wir in Europa sind die Idioten, die dann Jahr für Jahr irgendwelche Flüchtlinge bekommen. Zuerst die Assad-Flüchtlinge, jetzt werden die kommen, die vor den Islamisten in Syrien flüchten. Und ich frage mich, wie lange Europa gedenkt, dem Wahnsinn noch zuzuschauen”, so Grosz.

Im Fall der 100.000 geflüchteten Syrer in Österreich wird noch eine Weile zugeschaut, wie auch der Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Gernot Maier auf Ö1 bestätigte. Demnach werden die erst Aberkennungsverfahren eingeleitet, wenn in Syrien „Stabilität und Sicherheit einkehren und eine Regierung an die Macht kommt, die Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit achtet.” Derzeit seien allerdings Rückführungen nach Syrien aufgrund der volatilen Lage vor Ort nicht möglich.

Volatile Lage in Syrien lassen keine Rückführungen zu

Sollte sich die Lage in Syrien deutlich verbessern, könnte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl allerdings den Asylstatus von Straftätern sowie von Personen, die innerhalb der letzten fünf Jahre nach Österreich geflüchtet sind, prüfen. „Innerhalb dieser Frist kann Asyl widerrufen werden, wenn sich die Umstände im Herkunftsland grundlegend ändern“, so Maier.

Die Überprüfung der Asylgründe von straffälligen Personen, Integrationsverweigerern und Arbeitsunwilligen steht ganz oben auf der „klaren Prioritätenliste” von Innenminister Karner. „Das Asylgesetz sieht vor, dass bei einer deutlichen Verbesserung der Situation im Herkunftsland eine Neubewertung erfolgt“, so Karner.

Innenminister Gerhard Karner möchte die Asylgründe der syrischen Flüchtlinge neu bewerten, doch Brüssel bleibt abwartend.APA/APA/KLAUS TITZER

Diese Neubewertung sei für die FPÖ Gebot der Stunde. „ Seit 2019 hatten wir immerhin 26.652 syrische Tatverdächtige im Land, wie aktuelle Kriminalitätsstatistiken belegen”, so die FPÖ-Nationalratsabgeordnete Susanne Fürst und kritisiert das Interview von BFA-Direktor Mair. „Man hat offenbar gar kein Interesse daran, die zehntausenden Syrer, die hier keinen Asyl- und damit Aufenthaltsgrund mehr haben, tatsächlich außer Landes zu bringen. Die ‚volatile Lage‘, die sich in Syrien und dem Großraum Naher Osten vermutlich in den nächsten Jahren kaum ändern wird, lasse angeblich keine Rückkehr- und Asylentscheidungen nach Syrien zu, schon gar keine zwangsweisen Außerlandesbringungen.”

Mair widerspreche laut Fürst damit klar seinem eigenen Chef, ÖVP-Innenminister Karner, der das noch kürzlich einforderte. „Mair agierte im Ö1-Interview generell eher wie der Vertreter einer linken Pro-Asyl-NGO, zumal er auch noch meinte, dass Rückführungen so lange nicht möglich seien, bis es eine Regierung in Syrien gebe, die ‚Menschenrechte achte und inklusiv sei‘. Das ist nichts anderes als eine klare Absage des BFA-Chefs an jegliche Abschiebungen und Rückführungen in naher Zukunft.”