Wegen des Ukraine-Kriegs versucht sich die EU schrittweise von Russlands Gas zu befreien – mit skurrilen Folgen. Verwundert stellt nun Gerhard Mangott, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck und Russland-Experte, fest: „Um vom russischen Gas unabhängig zu werden, bezieht die EU nun viel mehr Gas aus Katar und aus Aserbaidschan. Katar finanziert die Hamas. Aserbaidschan hat eine ethnische Säuberung von Armeniern durchgeführt. Wurde da der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben?“

Peinlicher Staatsbesuch zur Unzeit: Katar gilt als Hamas-Unterstützer

Schon vor dem Überraschungsangriff der Hamas auf israelische Frauen und Kinder galt Katar als Unterstützer der Hamas. Das Polit-Büro der Terrororganisation befindet sich im Golfstaat. Besonders peinlich wurde am Donnerstag der Staatsbesuch des Emirs von Katar in Deutschland. Das Timing hätte ungünstiger kaum sein können, wenige Tage nachdem Mörderbanden der Hamas mehr als 1300 Menschen töteten und über 170 entführten.

7. Oktober: Izz ad-Din al-Qassam Brigaden der Hamas greifen Israel vom Gazastreifen aus an.Hani Alshaer/Anadolu Agency via Getty Images

Berlin ging kurz nach Russlands Invasion einen Deal mit Katar ein. Berlin suchte nach alternativen Gaslieferanten und wandte sich unter anderem an Katar, das schnell zu einem der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas (LNG) wurde. Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck besuchten Katar und schlossen ein Abkommen, wonach Deutschland ab 2026 jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen LNG erhalten wird.

Keine Pressekonferenz mit Scholz und dem Emir aus Katar

Auch Deutschland ist das nun höchst unangenehm. Im Gegensatz zu den russischen Truppen ermordeten die Hamas-Terroristen sofort und zielgerichtet so viele Zivilisten wie möglich und das ohne erkennbare militärstrategische Ziele. Die westliche Welt reagierte schockiert. Nun fanden am Donnerstag in Berlin die Treffen zwischen dem Emir Tamim bin Hamad Al Thani mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ohne gemeinsame Pressekonferenzen statt. Deutlicher konnte die politische Sensibilität des Besuchs kaum zutage treten.

Katar gibt an, dass die Hilfe für Gaza nicht die Hamas unterstützt, sondern darauf abzielt, die Lebensbedingungen der Palästinenser zu verbessern. Scholz verteidigte sein Treffen mit dem Emir. Katar spiele eine wichtige Vermittlerrolle. Kritik an der Begegnung übte auch die CDU – doch nicht einmal sie wollte das Abkommen direkt in Frage stellen, denn von irgendwo muss Deutschland ja sein Gas herbekommen.

Aserbaidschan vertreibt Armenier – die EU sieht zu

Als nicht minder problematisch – und zwar ebenfalls aus humanitären Gründen – entpuppte sich Ursula von der Leyens EU-Gas-Deal mit Aserbaidschan, und das ebenfalls ganz besonders jetzt. Armenien hat am Donnerstag den Internationalen Gerichtshof gebeten, Maßnahmen zum Schutz der Rechte der ethnischen Armenier in der Provinz Bergkarabach in Aserbaidschan zu ergreifen.

Der armenische Premierminister Nikol Pashinyan beschuldigt Aserbaidschan bereits, dort eine „ethnische Säuberung“ durchzuführen. Zehntausende flohen. Bald würden alle ethnischen Armenier die Region verlassen, prognostizierte Pashinyan.

Armeniern blieb kaum Zeit zur Flucht

Bergkarabach wird international als Teil von Aserbaidschan anerkannt. Er wird jedoch seit mehreren Jahrzehnten von ethnischen armenischen Separatisten bevölkert und verwaltet. Im September startete Aserbaidschan eine schnelle Militär-Offensive, um die abtrünnige Region vollständig unter seine Kontrolle zu bringen. Einige der ethnischen armenischen Bewohner berichteten, dass sie nur wenige Minuten Zeit hatten, um ihre Sachen zu packen und sich dem Exodus auf der einzigen Straße nach Armenien anzuschließen.