Trotz Putins Ankündigung: Russland hält sich weiter an Atomwaffenbegrenzung
Bei seiner gestrigen Rede zur Lage der Nation jagte Kreml-Chef Wladimir Putin vielen einen gehörigen Schrecken ein. Er kündigte an, dass Russland den New Start-Atomwaffenvertrag aussetzen wolle. Sofort machten Atomkrieg-Fantasien die Runde. Doch jetzt rudert das russische Außenministerium zurück.
Nur wenige Stunden nach der Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin, in der er die Aussetzung des sogenannten New-Start-Vertrages angekündigt hatte, ruderte das russische Außenministerium unter Sergej Lawrow zurück. So hieß es aus dem Außenministerium: Russland stehe weiterhin zu dem Abrüstungsabkommen – zumindest was die Begrenzung des Waffenarsenals angeht.
Russland wird sich nach Regierungsangaben trotz der von Kreml-Chef Putin verkündeten Aussetzung des New-Start-Vertrags mit den USA weiterhin an die Begrenzung seines Atomwaffenarsenals im Rahmen des Abkommens halten.
“Um ein ausreichendes Maß an Vorhersehbarkeit und Stabilität im Atomraketen-Bereich zu wahren, beabsichtigt Russland, an einem verantwortungsvollen Vorgehen festzuhalten, und wird für die Dauer der Vertragslaufzeit die von ihm vorgesehenen quantitativen Beschränkungen für strategische Offensivwaffen strikt einhalten”, erklärte das russische Außenministerium.
Der Ball liegt laut Moskau bei den westlichen Atommächten, allen voran bei den USA
Putin hatte am Dienstag in seiner Rede zur Lage der Nation gesagt, Russland kündige seine Beteiligung am New-Start-Vertrag auf. Die russischen Behörden rief er auf, sich für Atomwaffentests bereit zu halten, falls Washington solche Tests zuerst ausführen sollte. Die Aussetzung von “New Start” begründete Putin vor allem damit, dass etwa Frankreich und Großbritannien ihre Atomwaffenprogramme weiter vorantrieben. Mehr noch, laut Putin sind ihre Nuklearwaffenarsenale gegen Russland gerichtet.
Theoretisch könne die Aussetzung von “New Start” auch wieder rückgängig gemacht werden, hieß es aus Moskau nun weiter. “Dazu muss Washington politischen Willen zeigen, sich gewissenhaft für eine allgemeine Deeskalation einzusetzen und Bedingungen für die Wiederaufnahme des vollen Funktionierens des Vertrags zu schaffen.”
Was ist der “New Start”-Vertrag?
Der “New Start”-Vertrag ist ein Vertrag zwischen Russland und den USA, in dem sich beide Länder zur Verringerung strategischer Waffen bekennen.
“New Start” ist das Folgeabkommen von “Start”, das Ende 2009 auslief. Im April 2010 unterzeichneten der damalige US-Präsident Barack Obama und der damalige russische Präsident Dmitri Medwedjew den zunächst für zehn Jahre gültigen Vertrag, der am 5. Februar 2011 in Kraft trat. US-Präsident Joe Biden und Kremlchef Wladimir Putin verlängerten ihn im Januar 2021 um fünf weitere Jahre.
“New Start” schreibt beiden Vertragspartnern vor, die Zahl ihrer nuklearen Sprengköpfe auf maximal 1550 und die Zahl nuklearer Trägersysteme auf 800 zu reduzieren – von letzteren dürfen maximal 700 im Einsatz sein. Kontrolliert werden soll die Einhaltung per Satelliten- und Fernüberwachung sowie durch 18 Vor-Ort-Inspektionen pro Jahr. Seit März 2020 gab es allerdings keine Inspektionen mehr – zunächst wegen der Coronavirus-Pandemie, später dann, weil Moskau Verhandlungen über eine Wiederaufnahme der Inspektionen verschob.
Russland und die USA besitzen etwa 90 Prozent der Atomsprengköpfe der Welt. Beide Seiten haben in der Vergangenheit stets betont, ein Krieg zwischen Atommächten müsse um jeden Preis vermieden werden.
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