Der Kommandant der ukrainischen Heeresgruppe Donezk, Olexander Luzenko, ist nach mehreren empfindlichen Niederlagen Kiews übereinstimmenden Medienberichten zufolge abgelöst worden. Ersetzt werde er durch Olexander Tarnawskyj, berichtete das Internetportal “Ukrajinska Prawda” unter Berufung auf eine Quelle beim Militär. Offiziell wurde die Neubesetzung bisher nicht vermeldet. Die Krise der ukrainischen Truppen im Osten des Landes hat sich in den vergangenen Wochen verschärft.

Luzenko war für den Frontabschnitt um die strategisch wichtigen Städte Pokrowsk und Kurachowe verantwortlich. Kurachowe ist bereits teilweise von den russischen Truppen erobert worden und steht unmittelbar vor dem Fall. Die ukrainische Armee hat die Stadt aber bereits jetzt länger gehalten als viele Experten dies zuvor prognostiziert haben. Es droht einigen Einheiten allerdings nun die Einkesselung.

Scharfe Kritik an Armeeführung

Scharfe Kritik erntete die militärische Führung zudem für die mangelhafte Verteidigung bei Pokrowsk. Dort erlaubte sie russischen Truppen südlich der Stadt einen Durchbruch durch eigentlich gut ausgebaute und günstig gelegene Verteidigungslinien. Dadurch droht nun nicht nur die Umfassung von Pokrowsk, sondern auch ein weiterer Vormarsch russischer Truppen in Richtung des Gebietes Dnipropetrowsk.

Tarnawskyj ist einer der bekanntesten Generäle in der Ukraine. Er leitete 2022 die erfolgreichen Gegenangriffe der Ukraine im Süden des Landes, die zur Rückeroberung von Cherson führten. Allerdings scheiterte er im Sommer 2023 mit seinem Versuch, auch im benachbarten Saporischschja einen Durchbruch zu erzwingen und später bei der Verteidigung der Festung Awdijiwka im Gebiet Donezk.

Kämpfe halten an

Der Generalstab in Kiew hielt in seinem Lagebericht am späten Freitagabend weiter schwere Kämpfe vor allem im Gebiet Donezk fest. Insgesamt sei es entlang der Front zu 190 Zusammenstößen im Tagesverlauf gekommen, hieß es. Schwerpunkt war demnach der Abschnitt vor Pokrowsk, wo die russischen Truppen 56 Vorstöße unternommen haben.

Ebenfalls schwer umkämpft ist der Abschnitt zwischen den Gebieten Donezk und Saporischschja im Süden der Ukraine, wo es 34 russische Angriffsversuche gab. Bei Kurachowe hingegen ist das Tempo der Attacken etwas abgeflaut, dort haben ukrainischer Zählung nach die russischen Truppen 26 Mal angegriffen. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

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Auch das Hinterland der Ukraine geriet in der Nacht auf Samstag einmal mehr ins Visier der russischen Streitkräfte. Drohnenangriffe wurden in einer Reihe von Regionen gemeldet, darunter im Schwarzmeergebiet Odessa.

Auf der Gegenseite attackierten die Ukrainer Medienberichten zufolge ein Tanklager im westrussischen Gebiet Orjol. In sozialen Netzwerken kursierende Videos zeigen Explosionen und Feuer. Der Gouverneur der Region, Andrej Klytschkow, schrieb später bei Telegram, dass es einen Brennstoffbrand infolge eines Drohnenangriffs gegeben habe. Teile von abgeschossenen Drohnen hätten die Verglasung mehrerer Privathäuser beschädigt.

Selenskyj fordert Aktionen gegen Putin nach Raketenangriff

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederum forderte nach dem schweren kombinierten Raketen- und Drohnenangriff Russlands in der Vornacht gegen sein Land vom Westen Maßnahmen. Es seien Schritte nötig, die Kremlchef Wladimir Putin zeigten: “Sein Terror wird nicht funktionieren”, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Putin setze auf Krieg, um sich an der Macht zu halten. Die westlichen Partner der Ukraine sollten sich daher weniger um Stabilität in Moskau kümmern, als um ihre und die globale Sicherheit. Dabei dankte er den USA für ein weiteres Hilfspaket über 500 Millionen Dollar.