Ukrainer im Ausland einberufen? Ein neues Gesetz soll Selenskyj 500.000 Soldaten bringen
Nun bestätigt das ukrainische Verteidigungsministerium: In den kommenden Tagen wird ein Gesetzentwurf zur allgemeinen Mobilisierung vorgelegt. Die Erwartung: 400.000 bis 500.000 zusätzliche Soldaten sollen die ukrainische Armee an der Front beinahe verdoppeln.
Ukrainische Männer zwischen 25 und 60 Jahren, die im Ausland leben, werden aufgefordert, sich zum Militärdienst zu melden, sagt Verteidigungsminister Rustem Umjerow. Bisher war von einer „Aufforderung“ die Rede. Der Minister deutet aber an: Wer dieser Aufforderung nicht nachkommt, muss womöglich mit Sanktionen rechnen.
Knapp 800.000 Ukrainer reisten seit Invasion in die EU
Im November hatte der britische TV-Sender BBC die Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat vom November analysiert. Demnach hatten sei Russlands Invasion im Februar 2022 rund 768.000 ukrainische Männer im Alter von 18 bis 64 Jahren das Land in Richtung EU verlassen. Nicht enthalten sind dabei Bürger, die außerhalb der EU leben, oder solche, die vor Februar 2022 ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben.
Unklar ist, wie Kiew die Ukrainer im Ausland zum Beitritt bewegen wird. Kiew hat dazu widersprüchliche Signale ausgesandt. Im Interview für die Medien „Die Welt“, „Bild“ und Politico meinte Rustem Umjerow, die Anwerbeaktion sei „keine Strafe“, sondern „eine Ehre“. Er merkte an: „Wir diskutieren noch darüber, was passieren soll, wenn sie nicht freiwillig kommen“.
Zunächst dementierte das Verteidigungsministerium
Später bestritt ein Sprecher des Ministeriums, dass hier mit Zwang vorgegangen werde. „Es steht keine Diskussion über einen Aufruf aus dem Ausland auf der Tagesordnung“, sagte Illarion Pawljuk gemäß ukrainischen Medien, und fügte hinzu: „Der Minister ruft alle Bürger der Ukraine auf, sich der Armee anzuschließen, wo auch immer sie sich befinden mögen.“ Und: „Nur weil Sie keine Einberufungspapiere erhalten haben, heißt das nicht, dass die Bedrohung für die Ukraine verschwunden ist. Gilt das auch für Ukrainer im Ausland? Auf jeden Fall.“
Zurzeit gibt keine Rekrutierungszentren außerhalb der Ukraine, und die ukrainischen Behörden haben keine Möglichkeit, jemanden zu zwingen, sie aufzusuchen. Der Verteidigungsminister bekräftigte überdies: Es sei wichtig, fair zu sein und die mobilisierten Männer darüber zu informieren, wie sie ausgebildet und ausgerüstet werden, wann und wo sie dienen und wann sie entlassen werden.
Selenskyj will keine Frauen mobilisieren
In seiner Pressekonferenz zum Jahresende am Dienstag erklärte Selenskyj, dass zurzeit eine halbe Million ukrainischer Soldaten an der Front seien. Wehrpflichtige und Freiwillige sind dabei verpflichtet, bis zum Ende des Krieges zu dienen. Sie dürfen nur zehn Tage Urlaub pro Jahr in Anspruch nehmen. Gemäß dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sind umgekehrt 617.000 russische Soldaten an der – von ihm so bezeichneten – „speziellen Militäroperation“ in der Ukraine beteiligt. Beide Angaben wurden nicht von unabhängiger Seite überprüft.
Selenskyj hatte im November Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj und den Verteidigungsminister angewiesen, einen neuen Mobilisierungsplan vorzulegen. Die Kosten für eine umfassende Mobilisierung soll Selenskyj zufolge 500 Milliarden Hrywnja kosten, was in etwa 12,4 Milliarden Euro entspricht. Bisher hatte sich der ukrainische Präsident vage bezüglich eines allgemeinem Einberufungsbefehls geäußert. Was er dezidiert ausschließt, ist die Mobilisierung von Frauen: „Nein, das werde ich nicht unterschreiben“, erklärte er auf der Pressekonferenz. „Was (die Mobilisierung) von 25-jährigen Männern betrifft, (ja), wenn alle Argumente vorgelegt werden.“
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