Fast 30 Prozent der Millionen syrischer Flüchtlinge im Nahen Osten wollen nach dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad im kommenden Jahr in ihre Heimat zurückkehren. Unter Assad war das noch anders. “Die Zahl der Syrer, die zurückkehren wollen, war fast auf Null gesunken”, sagte der UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi am Samstag in Damaskus. “Jetzt sind es innerhalb weniger Wochen fast 30 Prozent. Das ist eine Botschaft, die meiner Meinung nach sehr wichtig ist und auf die man hören und reagieren muss.”

Die ersten brechen auf: Syrische Flüchtlinge in der Türkei warten am 9. Dezember mit ihren Habseligkeiten am Grenzübergang Cilvegozu auf die Einreise nach Syrien.APA/AFP/Ozan KOSE

Syrische Führung hofft auf Rückkehr aller Flüchtlinge

Seit dem Sturz Assads sind bereits rund 200.000 syrische Flüchtlinge zurückgekehrt. Die Rückkehr der mehr als sechs Millionen geflohenen Syrer ist eines der Ziele der neuen syrischen Führung. Doch der Bürgerkrieg hat weite Teile vieler Großstädte zerstört. Der Großteil der Bevölkerung lebt in Armut. Syrien unterliegt nach wie vor strengen westlichen Sanktionen, die das Land faktisch vom Rest der Welt abschneiden. Die neue syrische Führung strebt eine Aufhebung der Sanktionen an, um den Wiederaufbau des Landes voranzutreiben.

Im Dezember hatten Aufständische unter Führung der islamistischen HTS-Miliz nach einer mehrtägigen Offensive die Kontrolle über Damaskus übernommen und damit die jahrzehntelange autokratische Herrschaft der Familie Assad beendet. Die HTS, die in der Vergangenheit mit den radikalen Organisationen Al-Qaida und IS verbündet war, versucht sich seither sowohl nach außen als auch nach innen gegenüber den zahlreichen Gruppierungen im Vielvölkerstaat Syrien als gemäßigte Macht zu präsentieren.

Jubel in vielen europäischen Städten nach dem Ende der Assad-Herrschaft: Mitglieder der syrischen Gemeinde schwenken syrische Oppositionsflaggen in Stockholm, Schweden, am 8. Dezember 2024.APA/AFP/TT NEWS AGENCY/Jonas EKSTROMER /

Asylverfahren für Syrer ausgesetzt

Mehrere europäische Staaten, darunter auch Österreich, hatten nach dem Umsturz die Asylverfahren für Syrer ausgesetzt. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat sein Ressort angewiesen, “ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten”. Rückkehrwilligen Syrern wird zudem von der Bundesbetreuungsagentur eine Rückkehrhilfe von bis zu 1.000 Euro sowie Unterstützung bei der Heimreise und der Beschaffung notwendiger Dokumente angeboten.

In der Türkei bildete sich am 9. Dezember am Grenzübergang Cilvegozu eine lange Schlange von syrischen Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren wollten.APA/AFP/Ozan KOSE

Insgesamt haben 14 Millionen ihre Heimat verlassen

Infolge des Krieges in Syrien mussten laut der UNO seit 2011 mehr als 14 Millionen Syrer aus ihrer Heimat fliehen. Mehr als 7,2 Millionen Syrer wurden zu Binnenvertriebenen im eigenen Land. Rund 5,5 Millionen syrische Flüchtlinge leben in den fünf Nachbarländern Syriens – Türkei, Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten. Deutschland ist mit mehr als 850.000 syrischen Flüchtlingen zum größten Aufnahmeland geworden, das nicht an Syrien grenzt. In Österreich leben derzeit knapp 100.000 Syrer – was in Relation zur Bevölkerungsgröße eine noch höhere Anzahl ist.