Van der Bellen über Buh-Rufe und Pfeifkonzerte: "Die wollen gar nicht diskutieren"
NachBuh-Rufen der Bevölkerung, konnte sich der Bundespräsident in Graz über viel Anerkennung freuen. Ex-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sicherte seine Unterstützung zu – und plauderte mit VdB im Gastgarten über die aktuellen Krisen.
“Mit Österreich spielt man nicht”. Mit diesen Worten entgegnete Van der Bellen der Ankündigung des FPÖ-Kandidaten im Rennen um die Hofburg, Walter Rosenkranz, den Kanzler zu entlassen.
Schützenhöfer tritt "leidenschaftlich" für Van der Bellen ein
Angesichts der drohenden Krisen dürfe man der Bevölkerung “kein X für ein U vormachen”, so der Bundespräsident. Covid, Teuerung, Krieg – die Lage sei so komplex, wie lange nicht. Da ein “Machtwort” zu sprechen, um die Regierung und die Opposition zu vereinen, sei schwer. Der steirische Altlandeshauptmann Schützenhöfer will sich im Interview mit der “Kleinen Zeitung” nicht über aktuelle Tagespolitik äußern. “Aber ich trete leidenschaftlich für Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein”, will er aber festgehalten wissen.
Warum die ÖVP keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat? Das sei, so Schützenhöfer, eine “Frage der demokratischen Reife, wenn jemand Österreich so gut durch die Krise gesteuert hat wie Van der Bellen”.
Schützenhöfer will keine Gelbwesten
Beim Treffen im Grazer Gastgarten versprach Van der Bellen dann auch den Österreichern reinen Wein einzuschenken. “Die Leute spüren, dass etwas im Gange ist, dass große Veränderungen stattfinden. Ich beneide niemanden in der Regierung, der die Komplexität dieser Situation erklären muss”, will VdB die Menschen trotz “Boom” am Arbeitsmarkt auf einen Herbst der Krisen vorbereitet wissen.
Auch Schützenhöfer sieht die Politik in dieser Hinsicht gefordert. “Wir wollen keine Gelbwesten wie in Paris. Der Staat muss dafür sorgen, dass der Kelomat nicht explodiert. Das wäre dann der Fall, wenn die Leute sich nichts mehr leisten können”.
Druck auf diesen “Kelomat” kam schon durch die Corona-Pandemie genug. Zur Spaltung der Gesellschaft lässt Van der Bellen aufhorchen: “in meinem Freundeskreis gibt es Leute, die sich nicht impfen lassen wollen. Wir haben kurz darüber diskutiert und sind trotzdem gute Freunde geblieben. Man kann ja auch in diesem Punkt unterschiedlicher Meinung sein”. Man könne und solle über alles streiten und diskutieren. “Ich streite und argumentiere auch sehr gerne. Aber nachher geht man gemeinsam auf ein Bier und verträgt sich wieder”, so der Präsident.
Vom Flüchtlingskind in die Hofburg
Auch auf die Buh-Rufe ging der Präsident ein: “Es ist schwer, mit so einer Situation umzugehen, wenn man gar nicht zu Wort kommt. Man darf aber schon die Frage stellen, wieso die Leute, die diesen Lärm machen und gar nicht diskutieren wollen, glauben, mehr Recht auf den öffentlichen Raum zu haben als die anderen”. Den Vorwurf der FPÖ, er sei Teil des Establishments lässt der Präsident nicht gelten. “Mich amüsiert das. Meine ganze Biografie zeigt das Gegenteil. Sie ist der Beweis dafür, dass Österreich ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist, in dem man als evangelisches Flüchtlingskind in Tirol, das alles andere als zur Elite des Landes gehört, doch etwas werden kann”.
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