„Weg mit diesen fremden Ideologien": Lettland sagt Tschüss zu Frauenschutz-Pakt
Lettland sorgt für politischen Paukenschlag: Das EU-Land steigt aus der Istanbul-Konvention aus – jenem europäischen Abkommen, das Frauen vor häuslicher Gewalt schützen soll. Die Begründung: Die Konvention gefährde traditionelle Familienwerte.
Die Partei der lettischen Ministerpräsidentin Evika Siliņa wurde im Parlament überstimmt.IMAGO/NurPhoto
Als erstes EU-Land tritt Lettland jetzt aus der Istanbul-Konvention aus. Dieser 2011 ausgearbeitete Vertrag soll Frauen vor häuslicher Gewalt schützen. Der Ausstiegsantrag wurde von der Opposition ins Parlament eingebracht.
Doch auch eine der drei Koalitionsparteien der Mitte-Links-Regierung mit ausgerechnet einer Frau an der Spitze, hat mitgestimmt: das „Bündnis der Grünen und Bauern“, ein Zusammenschluss zwischen Lettlands Bauernverband und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Die Partei ist eher EU-skeptisch. Der Grund für den Ausstiegsantrag: Die Parteien sehen in den Istanbul-Konvention eine Gefahr für traditionelle Familienwerte, wie die Schweizer Tageszeitung NZZ berichtet. Ein Abgeordneter der rechten Partei „Lettland zuerst“ drückte es so aus: „Es ist reine Ideologie. Weg mit diesen fremden Ideologien!“.
In Wahrheit soll Gender-Ideologie verbreitet werden
In dem 2011 entstandenen Übereinkommen gegen Gewalt an Frauen, das von 38 Staaten und der EU unterzeichnet wurde, ist auch vom sozialen Geschlecht – also Gender – die Rede. Die Gegner der Konvention in Opposition und Regierung sind der Meinung, dass die Progressiven in der Regierung unter dem Deckmantel des Frauenschutzes die Gender-Ideologie in Lettland zu stärken versuchen und ein anderes Geschlechterverständnis verbreiten. Als Argument führen sie zwei vom Bildungsministerium finanzierte Studien an, die sich mit „Antigenderismus“ und „nicht-heteronormative Familien“ befassen. Die Kosten der Studien liegen bei 300.000 Euro, laut NZZ.
Am Mittwoch protestierten in Riga um die 5.000 Personen gegen den Austritt. Es war eine der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre. 20.000 Personen haben eine Petition dagegen unterschrieben.
Weitere EU-Länder, die die Istanbul-Konvention nicht unterzeichnet haben, sind unter anderem Ungarn oder die Slowakei.
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