Es sind Schicksalstage für FPÖ und ÖVP: Nachdem die Regierungsverhandlungen wegen des Ministerien-Streits beinahe geplatzt wären, überraschten die Schwarzen mit einem Kompromissangebot an die Kickl-FPÖ. Laut einem ÖVP-Insider sollen die Blauen nicht nur das Kanzleramt, sondern auch das Finanzministerium übernehmen – eine Machtverschiebung mit Signalwirkung.

Doch es gibt eine rote Linie: Die ÖVP beharrt auf dem Innenministerium, das die FPÖ für sich beansprucht. Damit droht der Knackpunkt der Verhandlungen. Offiziell schweigen beide Parteien – sie wollen nicht „über die Medien verhandeln“.

Wie werden sich Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) die Ministerien schlussendlich aufteilen?APA/HELMUT FOHRINGER

Qualifizierte Zuwanderung, Aktivierung der Rot-Weiß-Rot-Karte

Während die Ministerien-Frage dominiert, meldet sich auch die Wirtschaft zu Wort: Wirtschaftskammer-Generalsekretär und ÖVP-Verhandler Wolfgang Hattmannsdorfer warnt im Ö1-„Journal zu Gast“ vor einer Abschottungspolitik und fordert eine klare, proeuropäische Linie der neuen Regierung.

Die österreichische Wirtschaft stehe vor großen Herausforderungen. “In den nächsten Jahren wird uns rund eine halbe Million Menschen fehlen. Es braucht eine qualifizierte Zuwanderung, es braucht eine Attraktivierung der Rot-Weiß-Rot-Karte”, sagt Hattmannsdorfer.

„Nein“ zu neuen Steuern

Der VP-Verhandler erwarte sich von der kommenden Bundesregierung eine internationale, proeuropäische Auswirkung. Von einer „Festung Österreich“ hält der WKO-Chef nichts: “Protektionismus und wirtschaftliche Abschottung wäre eine Gefahr für unseren Standort.”

Der Rückgang der Exportquote um 15 Prozent zeige, dass eine neue Regierung unbedingt die Wettbewerbsfähigkeit erhalten müsse. “Wenn wir hier nicht ansetzen, werden wir den Wohlstand nicht halten können“, droht er. Neue Steuern hält Hattmannsdorf für keinen guten Weg – diese würden keine Arbeitsplätze bringen und dem Standort schaden. Es ginge um nichts weniger als „die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes“.

Kritik an EU-Vorstoß von Leonore Gewessler

Der WKO-Chef spricht sich für einen Mechanismus aus, der das Abstimmungsverhalten auf EU-Ebene regelt. “Beim Renaturierungsgesetz wurde die unausgesprochene Regel, dass Österreich in Europa mit einer Stimme spricht, gebrochen”, sagte er in Richtung Klimaministerin Leonore Gewessler. Es dürfe laut ihm nicht noch einmal vorkommen, dass „parteipolitische Motive“ verfolgt werden, anstatt die Linie der Bundesregierung.

Die Chancen auf einen Regierungsabschluss stehen für ihn 50/50. Doch ohne Einigung droht Österreich weiter in der politischen Blockade zu verharren. Aktuell würden zwei “gleich starke Parteien auf Augenhöhe” verhandeln, “daher können nicht alle Schlüsselpositionen von einer Partei eingenommen werden”, so Hattmannsdorfer.