In Österreich ist die Inflation im September auf satte 10,5 Prozent gestiegen. So hoch war die Preissteigerung seit 70 Jahren nicht mehr. In Deutschland ist die Situation ähnlich. Jetzt wurde von der Internationalen Hochschule in Erfurt (IU) eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass die Verbraucher die Inflation als noch viel höher empfinden. Demnach lag die gefühlte Inflation bei den Deutschen im September bei 34,2 Prozent. Was interessant ist: Frauen empfinden die steigenden Preise weit dramatischer. So liegt die empfundene Preissteigerung bei Frauen bei 39,3, bei Männern bei 29 Prozent. IU-Ökonom Johannes Treu hat eine Erklärung, warum die tatsächliche und gefühlte Inflation so auseinanderklaffen. „Wenn wir jedes Mal beim Einkaufen merken, dass der Warenkorb teurer wird, neigen wir dazu, die reale Steigerung im Gesamten zu überzeichnen“, sagt Treu. Die Preise für alltägliche Dinge wie Strom, Tanken und Lebensmittel seien den Menschen viel bewusster.

In Österreich kletterte die offizielle Inflation auf 10,5 Prozent

Verbraucher erwarten, dass alles noch teurer wird

Was die offizielle Inflation angeht, werden in einem „Warenkorb“ immer wieder dieselben Güter und Dienstleistungen statistisch erfasst. In diesem Warenkorb sind jedoch auch Posten dabei, die der Normalverbraucher gar nicht oder sehr selten kauft. Demgegenüber wird bei Dingen, die man täglich besorgt, die Preissteigerung sehr genau wahrgenommen. Es verwundert also nicht, dass bei Preisen für Lebensmittel, Treibstoff oder Energie die Inflationsempfindung dreimal so hoch ist. Dies birgt aber auch Gefahren. „Wenn ich das Gefühl habe, die Inflation ist hoch, erwarte ich automatisch, dass es noch teurer wird“, erklärt IU-Ökonom Treu die „psychologische Dynamik“ bei den Verbrauchern. Das wiederum würden sich die Unternehmen und Gewerkschaften zunutze machen. Während die Unternehmen wegen der Verbraucher-Erwartungen die Preise heben, fordern die Gewerkschafter höhere Tarife. Und das führt letztlich zur selbsterfüllenden Prophezeiung, sprich die Inflation wird weiter angekurbelt.

Frauen schränken sich stärker ein als Männer

Bei ihrer Umfrage wollte die IU auch wissen, wo die Deutschen den Gürtel enger schnallen – und wo weniger. Vier von fünf Befragten schränken sich demnach bei den Energiekosten ein, ein Viertel bei der Anschaffung neuer Haushaltsgeräte sowie bei Reisen und Hotels. Am wenigsten wird bei Bildung, Unterhaltung und Genuss gespart. Bei Alkohol und Tabakwaren ist die Einschränkung am geringsten. Und noch etwas: Frauen schränken sich insgesamt stärker ein als Männer.