Zeitzeugen fühlen sich schon seit längerem an die 1930er Jahre erinnert. So wie damals scheint die Demokratie nicht mehr “in” zu sein, sie gilt einigen – auch Intellektuellen – als schwächlich und dekadent. Totalitären Regimen zollt man dafür immer öfter Respekt, selbst wenn deren Machthaber die Freiheitsrechte ihrer Bürger immer weiter einschränken und sich gerne auf deren Kosten bereichern.

Geht es auch ohne westliche Werte?

Nun ist es ausgerechnet ein Wiener Promi-Anwalt, der mit einem Tweet für Kopfschütteln sorgt. Inmitten des Ukraine-Kriegs, in dem Putins Außenminister Sergej Lawrow westliche Werte wie “Meinungsfreiheit, die Unverletzlichkeit des Privateigentums, die Unschuldsvermutung” als wertlos” bezeichnet hat, kann Georg Zanger (74) Vorzüge im System der Volksrepublik China erkennen – gerade in Gegenüberstellung mit der liberalen Ordnung Europas.

Georg Zanger (l.) mit Begleitung beim Philharmonikerball im Wiener MusikvereinAPA/HERBERT PFARRHOFER

"In beiden Fällen werden die Menschen satt"

Zumindest relativiert der bekannte Rechtsanwalt grundrechtliche Bedenken gegen ein repressives Ein-Parteien-System, denn schließlich – so Zanger – werden die Menschen ja auch dort satt. Zwar gebe es in Europa mehrere Parteien, dafür bekomme der Gast hier meist nur eine Speise serviert – im Gegensatz zu China. Wörtlich sagte der Promi-Anwalt:

“Im Vergleich zwischen den Gesellschaftssystemen in der Volksrepublik China und Europa, verhält es sich wie beim Essen, nur umgekehrt. In China werden viele Speisen serviert und jeder Gast nimmt sich wahllos davon, was er will. In Europa wird für jeden Gast in der Regel nur eine Speise serviert, die er alleine isst. Zum Unterschied von Europa, wo viele Parteien zur Auswahl stehen, gibt es in China nur eine Hauptpartei. In beiden Fällen werden die Menschen satt.”

Ein irritierter Twitter-User entgegnet darauf: “Was wollen Sie damit konkret aussagen? Dass Demokratie, Pressefreiheit und unsere liberalen Werte nicht so wichtig sind?”

Bekannte Mandaten, gute Verbindung nach Peking

Zanger ging als Anwalt mehrfach gegen rechte Studentenverbindungen vor. Er vertrat darüber hinaus im Jahr 1991 den verurteilten Vergewaltiger Otto Mühl, sowie 1994 den verurteilten Serienmörder Jack Unterweger und etwa 2001/02 Angehörige des nigerianischen Asylbewerbers Marcus Omofuma.

Zu China scheint er gute Kontakte zu pflegen, immerhin ist er Gründer und Präsident der Austrian-Chinese Business Association (ACBA), die im Frühjahr 2020 in Wien ein Frühlingsfest anlässlich des Starts in das neue chinesische Jahr organisierte. Das Fest habe gezeigt, “dass wir als aktives Bindeglied zwischen Österreich und China wahrgenommen werden”, erklärte Zanger anschließend.

Frühlingsfest 2020 in Wien (v.l.n.r.): Georg Zanger, ACBA-Vizepräsidentin Hongge Zhang, Vorstand Marketing & Business Relations Nan Pustelnik-Zhao, Direktor der Finanzen David WangKristian Bissuti