Der Ukraine-Experte Sergej Sumlenny, der von 2015 bis 2021 Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew, erhebt schwere Vorwürfe gegen die russische Armee. Unter Verweis auf zahlreiche Berichte und Dokumente spricht er von Massenvergewaltigeungen. Ob alle Vorwürfe stimmen, oder ob es sich dabei auch um Propaganda handelt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit beurteilen.

Ähnlich wie Vergewaltigungen an deutschen Frauen im Jahr 1945

Gemäß Sumlenny gibt es laufend neue Nachrichten über Massenvergewaltigungen ukrainischer Frauen und Mädchen durch russische Soldaten. Er bringt zahlreiche Beispiele, sie würde teils an Vergewaltigungen durch russische Soldaten an deutschen Frauen im Jahr 1945 erinnern: “In der Oblast Kiew töteten russische Soldaten den Ehemann einer Frau und vergewaltigten sie fünf Stunden lang, während sich ihr minderjähriger Sohn im Nebenzimmer versteckte. Die Frau konnte fliehen, der Sohn weiß noch immer nicht, dass sein Vater getötet wurde. Die Russen hielten der Frau eine Waffe vor und sagten ihr: ‘Ihr Mann war ein Nazi’, so die Frau gegenüber den Medien. Dies erinnert an die russische Erzählung über ‘gerechte Vergewaltigungen’ an deutschen Frauen im Jahr 1945.”

Noch Bedrückenderes soll sich in Mariupol zugetragen haben. Dort sei eine Frau “mehrere Tage lang (!) von russischen Soldaten vergewaltigt” worden, “ihr sechsjähriger Sohn befand sich im selben Raum. Die Frau starb an ihren Verletzungen”.

Mütter sollen in Anwesenheit ihrer Kinder vergewaltigt worden seinGetty

18-jähriges Mädchen angeblich entführt und vergewaltigt

In einem abgehörten Telefongespräch wiederum erzähle ein russischer Soldat seiner Frau oder Freundin,” drei russische Panzerfahrer hätten ein 16-jähriges ukrainisches Mädchen entführt und vergewaltigt”. In Bucha, nördlich von Kiew, berichtete die internationale NGO La Strada, die gegen sexuelle Gewalt kämpft, über den Fall eines 18-jährigen Mädchens, das von Russen entführt und acht Tage lang vergewaltigt wurde.

Sumlenny unterstreicht: “Ich schreibe hier nur über bestätigte Fälle, die von den Behörden oder einflussreichen NROs überprüft worden sind. Es gibt viele Fälle, über die auf anderem Wege berichtet wird.” Darin gehe es um die Vergewaltigung von 9- und 12-jährige Mädchen. Diese Berichte wolle er in den sozialen Medien nicht teilen. “Ich glaube, dass sie wahr sein können, aber ich habe keine zuverlässigen Quellen, also berichte ich nicht darüber.”

Massenvergewaltigungen in Tschetschenien und schon 2014 in der Ukraine

Dem Ukraine-Experten zufolge sind diese Vorfälle keine Überraschung. “Es war die ganze Zeit über klar, dass dies geschehen würde. Massenvergewaltigungen gehören zur russischen Militärdoktrin als Teil der Unterdrückung jeglichen Widerstands und zur Versorgung der eigenen Soldaten mit ‘Boni’. “Sexualisierte Gewalt habe die russischen Armee beispielsweise auch in Tschetschenien angewandt.

“Einer der bekanntesten Fälle von Vergewaltigung und Mord ist der Fall Elsa Kungayeva aus Tschetschenien. Am 27. März 2000 entführte der russische Oberst Juri Budanow die 18-jährige Elsa aus ihrem Haus im Dorf Tangi in Tschetschenien, vergewaltigte und folterte sie und tötete sie anschließend. Die Flecken im Gesicht von Elsa sind Verbrennungen von Budanovs Zigaretten. Ähnliche Fälle waren in Tschetschenien an der Tagesordnung.”

Während des russischen Krieges gegen die Ukraine in den Jahren 2014 bis 2015 hätten die Russen ein ausgeklügeltes Netz von Gefängnissen und Lagern geschaffen, in denen auch Frauen und Mädchen gefangen gehalten “und von russischen Soldaten und Söldnern routinemäßig vergewaltigt wurden – einige von ihnen über Jahre hinweg. Einige dieser Vergewaltigungsfälle wurden sogar von den Russen selbst bestätigt. Als beispielsweise der berüchtigte ‘Babay’-Kriegsherr in Konflikt mit der russischen Führung geriet, haben die Russen Informationen über Dutzende von Entführungen, Vergewaltigungen und Morden durch Babay und seine Truppe veröffentlicht”.

UN-Bericht über sexuelle Gewalt der Wagner-Gruppe in Zentralafrika

Diese Art, Terror zu verbreiten, sei bei der russischen Armee so beliebt, dass sie diese kürzlich auch in der Zentralafrikanischen Republik eingesetzt hätten. “Die Vergewaltigungen hatten ein solches Ausmaß, dass sie von den UN-Experten erwähnt wurden. In dem UN-Bericht heißt es, dass ‘Offiziere der Wagner-Gruppe in vielen Teilen des Landes Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Frauen, Männer und junge Mädchen begangen haben’.”

Austritt aus den Grünen wegen Untätigkeit Baerbocks

Scharfe Vorwürfe erhebt der ehemalige Leiter der Böll-Stiftung gegen die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, der er Untätigkeit vorwirft. Sarkastisch spricht er von “Deutschlands feministischer Außenministerin”. Er habe einen Appell an sie einen Monat vor dem Krieg veröffentlicht, in dem er sie auffordert habe, die Ukraine zu unterstützen und Vergewaltigungen zu verhindern.

“Am 2. Februar habe ich Baerbock dringend gebeten eine Feministin zu sein und ukrainische Frauen zu unterstützen. Nichts geschah. Sie hat jegliche militärische Unterstützung für die Ukraine eiskalt verweigert. Während die ukrainischen Frauen zu den Gewehren griffen, die sie hatten, spielte Annalena Putin in die Hände. Wir wissen, was danach geschah. Es war vorhersehbar, es war klar, es war bekannt, es wurde nur ignoriert. Dieser Verrat an den ukrainischen Frauen und Mädchen war der Hauptgrund für meinen Austritt aus der grünen Partei. Deutschland ist verantwortlich für das, was passiert ist. Ich weiß nicht, wie diese Schuld beglichen werden kann.”

Am Ende: “Ich kann wirklich nicht aufhören, über diese Tragödie zu schreien.”