Dramatische Szenen spielten sich am Mittwoch im Landesgericht St. Pölten ab: Wegen einer schweren Panikattacke konnte eine Zeugin, die den Ibiza-Detektiv bezüglich der Drogendelikte belastet, ihre Aussage nicht mehr beenden. Sie hatte dem Gericht zuvor geschildert, wie brutal Julian Hessenthaler (41) sie mit einer Pistole bedroht hatte. Der Richter ordnete daraufhin eine Unterbrechung an. “Ich habe einfach nur Angst, dass mir etwas passiert”, sagte sie unter Schluchzen. Sie soll auf ihren Wunsch hin in Abwesenheit des Angeklagten befragt werden. Die Einvernahme wurde schließlich nach kurzer Zeit aufgrund ihres psychischen Zustandes abgebrochen. Die Zeugin soll bei einem weiteren Verhandlungstermin mithilfe eines Dolmetschers befragt werden. Der Prozess wurde mit der Einvernahme eines männlichen Zeugen, der den Angeklagten belastet, fortgesetzt.

Angeklagter bestreitet die Vorwürfe

Staatsanwalt Bernd Schneider hielt zu Verhandlungsbeginn mit Blick auf das Ibiza-Video fest: “In diesem Prozess hier geht es nicht um dieses Video, es geht um gänzlich andere Vorwürfe.” Die insgesamt 1,25 Kilo Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 Prozent sollen 2017 und 2018 nahe der niederösterreichischen Stadt Haag (Bezirk Amstetten), in Salzburg und Oberösterreich zu einem Grammpreis von 40 Euro übergeben worden sein. Damit soll Hessenthaler laut Anklage der Staatsanwaltschaft Wien Schulden beglichen bzw. seine triste finanzielle Situation aufgebessert haben. Der Beschuldigte meinte, es habe damals keinen Anlass für ein Darlehen gegeben – zudem habe er die Möglichkeit gehabt, Geld aus seinem familiären Umfeld zu bekommen.

Der Privatdetektiv soll das Kokain an einen suchtgiftabhängigen Bekannten, der zuvor für die Firma von Hessenthaler gearbeitet hatte, weitergegeben haben. Dieser soll die Drogen teilweise gemeinsam mit seiner Geliebten für den Eigenbedarf verwendet haben, ein Teil soll gestreckt und weiterverkauft worden sein. Beide wurden laut Anklagebehörde vor rund einem Jahr wegen Suchtgiftdelikten verurteilt. Die Frau habe eine “Lebensbeichte” abgelegt, nachdem bei ihr 133 Gramm Kokain in einem Staubsaugerbeutel gefunden worden waren, sagte der Staatsanwalt. Der Mann habe erst nach seiner Hauptverhandlung zu Übergaben durch den 40-Jährigen ausgesagt, weil seine Mutter zwei Wochen vor seinem Prozess bedroht worden und er verängstigt gewesen sei.

Verteidiger Wolfgang Auer betonte in seinem Eröffnungsvortrag: “Ich kann nur sagen: Ich schäme mich als österreichischer Rechtsanwalt und als Teil des österreichischen Justizsystems, ein derartiges Verfahren erleben zu dürfen oder zu müssen”. Das Verfahren beginne mit Veröffentlichung des Ibiza-Videos. Es sei “in jeder Art und Weise” ermittelt worden, um den Drahtzieher der Aufnahmen zu finden. (APA/red)