50 Zollbeamte sind in den frühen Morgenstunden ausgerückt. Der Verdacht der Staatsanwaltschaft Stade richtet sich vor allem auf die deutsche Firma Riol Chemie. Sie soll dreieinhalb Jahre lang mehr als 30 Mal giftige Substanzen und Laborbedarf nach Russland geliefert haben, ohne über die dafür nötigen Genehmigungen zu verfügen. Darunter sollen sich auch Chemikalien befunden haben, die für die Herstellung chemischer und biologischer Kampfstoffe verwendet werden, vermuten die Ermittler.

Chemikalie zur Herstellung des hochwirksamen Nervengifts Nowitschok

Abnehmer der in Kleinstmengen gelieferten Substanzen soll überwiegend der russische Großhändler Khimmed für Chemikalien und Labortechnik aus Moskau gewesen sein. Khimmed seinerseits hat gemäß Recherchen des Journalistennetzwerks OCCRP in der Vergangenheit auch Speziallabore des russischen Militärs und des russischen Inlandsnachrichtendienstes FSB beliefert.

Darüber hinaus soll die Riol Chemie GmbH auch eine Chemikalie ausgeführt haben, die zur Herstellung von Nowitschok verwendet wird. Dieses hochwirksame Nervengift wird seit den 1970er Jahren in einem bis heute geheimen russischen Chemiewaffenprogramm hergestellt, dessen Existenz Russland bestreitet. Im März 2018 wurden der Ex-Agent Sergei Skripal und seine Tochter im britischen Salisbury mit dem Kampfstoff vergiftet, höchstwahrscheinlich durch zwei Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Auch beim Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitik Alexej Nawalny im August 2020 soll Nowitschok eingesetzt worden sein.

Yulia Skripal (Bild) wurde zusammen mit ihrem Vater, dem russischen Spion Sergej Skripal, in Salisbury vergiftetAPA/AFP/POOL/DYLAN MARTINEZ