Der Vorschlag erregt die Gemüter, nun erhält Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) dafür Lob von unerwarteter Seite: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner befürwortet eine außerordentliche Gewinnabschöpfung bei staatsnahen Strombetrieben, wie der Kanzler am Donnerstag vorgeschlagen hat. Zunächst schlug die Meldung bei Anlegern wie eine Bombe ein: Die beiden börsenotierten Stromversorger Verbund und EVN haben binnen eines Tages mehr als 5,4 Milliarden Euro an Marktwert verloren.

Rendi-Wagner "erfreut" über Vorschlag

Nun unterstreicht aber die Pressesprecherin der SPÖ-Chefin: “Pamela Rendi-Wagner zeigt sich erfreut, dass der Kanzler den SPÖ-Vorschlag einer Sonderabgabe für Energieübergewinne aufgegriffen hat. Wichtig: Einnahmen müssen zweckgewidmet sein und direkt an die Menschen gehen, die es am dringendsten zur Bewältigung der steigenden Lebenskosten brauchen.”

NEOS: Nehammer kann am 1. Mai mitmarschieren

Nehammer hatte in einem am Donnerstag veröffentlichen Interview mit der “Tiroler Tageszeitung” gesagt: “Ziel muss sein, darauf zu achten, dass, wenn Unternehmen mit staatlicher Beteiligung große Gewinne erwirtschaften, die Eigentümer profitieren – und das sind am Ende die Steuerzahler. Ihnen gehört dieses Unternehmen. … Zufallsgewinne bei Unternehmen mit staatlicher Beteiligung gehören dem Volk und nicht den Unternehmen alleine. Da braucht es ein neues Reglement.”

Scharfe Kritik erntete er dafür bei der pinken und blauen Oppositionspartei. Für die NEOS agiert Kanzler Nehammer in Energiefragen völlig planlos. “Wenn Nehammer auf diesen Positionen verharrt, dann kann er sich überlegen, nächstes Jahr am 1. Mai mitzumarschieren”, meinte Gerald Loacker. Für FPÖ-Chef Herbert Kickl hat Nehammer mit seiner Wortmeldung Staatseigentum beschädigt, die Regierung bräuchte lediglich die Dividenden zur Unterstützung der Menschen verwenden.

Industriellenvereinigung: Schaden für Standort

Besorgt zeigte sich auch die Industriellenvereinigung (IV) aufgrund des Vorhabens. Derartige Interventionen würden nach Ansicht der Industrievertreter den Standort schädigen und den Investitionsspielraum für den Ausbau erneuerbarer Energien verkleinern. “Der Staat ist ein mehrfacher Profiteur der derzeit höheren Erträge aus der Stromversorgung”, unterstrich die IV darüber hinaus, “zum einen durch kräftig steigende Steuereinnahmen (KÖSt, KESt, Umsatzsteuer) und zum anderen sowohl durch höhere Bewertungen seiner Beteiligungen wie auch höhere Dividendenausschüttungen. Denn die heimischen Energieunternehmen sind mehrheitlich in staatlicher Hand.”

Finanzministerium: Strompreis-Entwicklung "schwer nachvollziehbar"

Mittlerweile hat sich das Finanzministerium eingeschaltet und überprüft die von Nehammer ins Spiel gebrachte Gewinnabschöpfung. “Aufgrund der aktuellen Strom-Gaspreis-Kopplung profitieren derzeit auch Stromunternehmen von den steigenden Gaspreisen, deren Stromproduktion zu einem überwiegenden Anteil aus Erneuerbarer Energie stammt”, erklärte das Ministerium in einer Aussendung. “Diese aufgrund des Krieges außergewöhnliche Entwicklung ist insbesondere bei Energieunternehmen, an denen der Bund Anteile hält, schwer nachvollziehbar.”

Die Kopplung des Strompreises an den Gaspreis wolle man aber nicht in Frage stellen. Am prüfe im Auftrag des Bundeskanzlers verschiedene Vorschläge. “Klar ist: Der Staat soll nicht von der aktuellen Krise profitieren, während die Menschen unter stark steigenden Strompreisen leiden.”