Einen Vorgeschmack auf dieses Sommer-Gespräch lieferte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried via Aussendung. Angesichts des Skandals rund um Wien Energie startete er eine Gegenattacke auf Türkis-Grün. Weil die Bundesregierung seit Monaten zu wenig tue, um auf EU-Ebene in die Preisbildung einzugreifen, müsste man sich nun mit „explodierenden Wahnsinnspreisen“ herumschlagen. Andere Energieversorger würden ebenfalls in Probleme schlittern, prophezeite Leichtfried.

Bei Pamela Rendi-Wagner hörte sich das sehr ähnlich an.

Grobes Missmanagement? „Kann mit der Frage nichts anfangen“

Über die hervorragenden Umfragewerte, ihre Spitzenkandidatur samt Aussichten auf das Kanzleramt und die Möglichkeit einer Koalition aus SPÖ, NEOS und Grünen kreiste zunächst das ORF-Gespräch. Der SPÖ-Chefin behagte der Themenkreis sichtlich. Auf eine Koalitionsvariante wollte sie sich nicht festlegen, ließ aber ihre Sympathie für die genannte Dreier-Koalition indirekt erkennen („Opposition würde der ÖVP gut tun“).

Julia Schmuck (l.) und Tobias Pötzelsberger (r.) führten das Interview.ORF2

Das freundschaftliche Gesprächsklima trübte sich ein, als die ORF-Journalisten Tobias Pötzelsberger und Julia Schmuck auf den roten Finanzskandal in Wien zu sprechen kamen, der für Rendi-Wagner offensichtlich keiner ist. Gefragt, ob sie ebenfalls „grobes Missmanagement und Fehler“ der Stadtregierung sieht, so wie die Oppositionsparteien in Wien, entgegnete sie fast fassungslos: „Nein! Welche Fehler sollen das sein? Ich kann mit der Frage nichts anfangen.“

„Hören Sie mir doch auf mit diesen regierungspopulistischen Formulierungen“

Mit Verfehlungen in Wien habe das alles rein gar nichts zu tun: „Der Markt ist außer Rand und Band“, nichts davon sei „spezifisch für die Wien Energie“ und im Übrigen werde die Wien Energie nicht der letzte Energieversorger mit diesem Problem sein (Leichtfried!). Das Thema gefiel Rendi-Wagner nun sichtlich weniger, beinahe fand sie es absonderlich, überhaupt darüber zu reden: „Ich finde das schon jetzt alles seltsam: Dass die Bundesregierung das Wien-Energie-Thema hochzieht.“

Den Hinweis, dass es ja die Wien Energie selbst war, die in letzter Sekunde – am Wochenende – die Regierung über die Finanznot informiert hat, ließ die SPÖ-Bundesobfrau nicht gelten: „Hören Sie mir doch auf mit diesen regierungspopulistischen Formulierungen.“ Darum gehe es jetzt doch nicht.

Höhere Gebühren in Wien sind „nur auf den ersten Blick“ nicht gut

Dass die übrigen Landesenergie-Versorger nicht die Probleme der Wien Energie haben, konnte die SPÖ-Chefin ebenfalls nicht erkennen („Ich habe da andere Informationen“). Daran, dass die Stadt Wien bereits zwei Mal mit Notzahlungen im Sommer einspringen musste, ohne die Regierung oder die Öffentlichkeit zu informieren, sah sie auch nichts Falsches.

Auch sonst nahm Rendi-Wagner Wien in Schutz: Die Gebührenerhöhungen für Wasser, Parken und Müll in der Bundeshauptstadt seien zwar „auf den ersten Blick“ nicht gut, aber andererseits seien die Gebühren ja woanders noch höher. Zumindest diese steigenden Kosten werden gemäß der SPÖ-Chefin keine negativen Folgen für die Inflation haben – andere Preise, für die sie die Regierung zuständig sieht, schon.

Die Flüchtlingswelle ist ein „innenpolitisch gemachtes Thema“

Klar war hingegen die ganze Zeit, wer der eigentlich Schuldige ist: Es war – wenig überraschend – die Bundesregierung, die sich schon früher um Rettungsschirme, wie sie jetzt für Wien Energie nötig sind, hätte kümmern müssen.

Eine steigende Flüchtlingswelle konnte Rendi-Wagner ebenfalls nicht erkennen. Das sei ein „innenpolitisch gemachtes Thema“ von der ÖVP.

Fazit: Alle Probleme haben eine Ursache: die Bundesregierung – und das gilt gemäß dem jetzigen SPÖ-Spin auch für das Debakel von Wien Energie.