
Rudolf Öller: Die Gerechten
Fortschrittliche Intellektuelle verwenden wiederkehrende Ausdrücke, wie „strukturell“, „Narrativ“, „brandgefährlich“, „rechtspopulistisch“, „nachhaltig“, „klimaneutral“, „spaltet Gesellschaft“ und andere. Was sie bedeuten, spielt keine Rolle. Hauptsache sie werden verwendet. Ganz besonders wichtig sind die Begriffe „gerecht“ und „Gerechtigkeit“. Gemeint sind natürlich „gleich“ und „Gleichheit“, aber das klingt nicht so gut, denn die Fortschrittlichen wollen ja bunt und divers sein.
Die Sache mit der Gerechtigkeit alias Gleichheit hat nur einen Haken. So gut wie alle Versuche, Menschen gleich zu machen, sind grandios gescheitert. Ausnahmslos alle kommunistischen Staaten mündeten in eine Zweiklassengesellschaft: Eine wohlhabende und privilegierte Klasse der Nomenklatura und der darbende Rest. Diese krasse Ungerechtigkeit überlebte sogar das Ende fast aller sozialistischen Experimente. In China gibt es mehr Milliardäre als in den USA, Kambodscha hat die korrupteste Regierung in Asien und in Russland hat es Boris Jelzin gut gemeint, als er Volksaktien verteilte, die von ahnungslosen Arbeitern für ein paar Rubel verkauft wurden. So entstanden die milliardenschweren Oligarchen. Das letzte sozialistische Experiment in Venezuela brachte – welche Überraschung – die gleichen Resultate. Die Ölförderung liegt in den Händen einiger Generäle und ihrer Helfershelfer, was wiederum die Macht von Diktator Maduro garantiert. Auch hier führte der Sozialismus zu einer Handvoll von Milliardären und einem verarmten und hungernden Volk.
Die Absicht, eine gerechte Verteilung zu bewirken, gab es in den Siebzigerjahren auch in der Computerbranche. Großrechner, so genannte “Mainframes”, waren in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts schrankartige Maschinen, die in Hallen standen, die nur Auserwählte betreten durften. 1964 produzierte und verkaufte IBM fast drei Viertel aller Computer weltweit. Software, Hardware und Peripheriegeräte waren nur innerhalb der IBM-Welt austauschbar, gegenüber den restlichen Firmen nicht. Das Modell IBM 360 von 1968 war der erste Alleskönner-Großrechner. Die Bauprinzipien, die ihr Entwickler Gene Amdahl und sein Team entwarfen, gelten im Prinzip noch heute. Die meisten der Konkurrenten gingen damals vor IBM in die Knie und gaben auf.
Bill Gates besaß etwas, das andere vermissten
Elektronikrebellen unter den Studenten, vor allem an der amerikanischen Westküste, waren mit der Monopolsituation unzufrieden. Sie kamen aus der politisch linken Ecke und forderten einen Kleincomputer für alle. In jedem Haushalt sollte ein persönlicher und leistbarer Computer stehen, mit dem man schreiben, rechnen und eventuell sogar telefonieren kann. In Palo Alto wurde die “Midpeninsula Free University” gegründet. Unter der Führung des Elektronik-Gurus und bekennenden Kommunisten Lee Felsenstein entstand dort eine Gruppe, die IBM unbedingt vom Podest stürzen wollte. Felsensteins Leute installierten sogar ein kleines Computernetzwerk in Berkeley, eine Art Facebook-Vorläufer.
Der kalifornische “Homebrew Computerclub” und seine elektronischen Freischärler bekamen in der Mitte der Siebzigerjahre das, was sie wollten. Ein sich vegan ernährender Hippie namens Steve Jobs gründete die Firma Apple und baute in einer Garage in der Kleinstadt Los Altos im Silicon Valley seine ersten von den digitalen Sozialisten erhofften Kleincomputer zusammen. In der Zeitschrift “Popular Electronics” erschien gleichzeitig ein Artikel über einen weiteren Kleincomputer namens “Altair 8800”. Das Gerät hatte bereits einen modernen Intel-Prozessor und einen kleinen Arbeitsspeicher. Der Kleinrechner war zwar revolutionär, hatte aber keine Software. Nachdem die Harvardstudenten William “Bill” Gates und Paul Allen vom Altair erfahren hatten, schmissen sie das Studium und gründeten die Firma Microsoft. Bill Gates besaß etwas, das andere vermissten. Er hatte ein Programm entwickelt, das man einen “Basic-Interpreter” nennt. Bill Gates brachte dem Altair-PC gleichsam das Denken bei. Diese Erfindung machte Microsoft über Nacht bekannt.
Ausnahmslos alle Versuche in der Geschichte, eine gleiche Verteilung von Gütern durchzusetzen, änderten an der Ungleichheit nichts
Als IBM im April 1981 mit seinem Personal Computer auf den Markt kam, erschütterte das die Computerwelt. Gates entwarf und verkaufte das Betriebssystem MS-DOS an IBM. Er machte damit seine Softwarefirma Microsoft zu einem Weltkonzern und gleichzeitig zum großen Rivalen der Silicon Valley-Firma „Apple“. Bei Apple arbeiteten Programmierer an der Weiterentwicklung einer Idee, die sie von der Firma Xerox gekauft hatten: Eine grafische Benützeroberfläche, die heute Standard ist.
Was als linkes Projekt („jedem seinen Kleincomputer“) begann, bildete die Grundlage für die Entstehung der zurzeit mächtigsten Firmen der Welt. Sie alle sind an der US-Westküste angesiedelt: Apple, Microsoft, Amazon, Google, Facebook, Twitter und andere. Der Kleincomputer wurde in Verbindung mit dem Internet zum Wegbereiter für die Entstehung der größten Konzerngiganten der Geschichte.
Ausnahmslos alle Versuche in der Geschichte, eine gleiche Verteilung von Gütern durchzusetzen, änderten an der Ungleichheit nichts. Eher im Gegenteil: Eine Entwicklung in Richtung Ungleichheit wurde oft sogar beschleunigt, weil schlaue Typen Gleichheitsregeln für sich besser nutzen können als andere. Aufklärung und Demokratie gab den Menschen Freiheiten und gleiche Rechte vor dem Gesetz. Von Gleichheit war nie die Rede. Die natürliche Verschiedenheit der Menschen ist für keinen Politiker, kein System, keinen Rebellen zu knacken. Alle können sich Gitarren kaufen, aber es gab nur einen Jimi Hendrix. Viele können sich ein Piano leisten, aber es gibt nur einen Daniel Barenboim. Alle können Buntstifte, Farben und Pinsel im Supermarkt erwerben, aber nur ganz wenige erreichen die Qualität von Michelangelo, Dürer oder Vermeer. Viele hätte Amazon gründen und hochziehen können, aber nur Jeff Bezos tat es.
Eine Politik kann Ähnlichkeiten erzwingen, Gleichheiten gibt es nicht und wird es nie geben
Der amerikanische Öl-Tycoon, Kunstmäzen und Milliardär Jean Paul Getty (1892 – 1976) sagte einmal sinngemäß, dass es nach der gleichmäßigen Verteilung aller Reichtümer auf alle Menschen bereits nach einer Stunde Arme und Reiche geben würde. Er hatte recht. Selbstverständlich stellt niemand unseren Sozialstaat in Frage, dessen Sinn der Schutz der Schwachen ist. Zwei Dinge sollten Sozialpolitiker jedoch nicht aus den Augen verlieren: Erstens würde in einem Extremsteuerland wie Österreich jedes weitere Drehen an der Steuerschraube nur bewirken, dass mehr Geld sozialschädigend und sinnlos im Hochofen namens Bürokratie verbrannt wird, und zweitens würde jede Maßnahme für vermeintlich mehr Gerechtigkeit die Ungleichheit fördern. Beispiele dafür gibt es genügend.
Eine Politik kann Ähnlichkeiten erzwingen, Gleichheiten gibt es nicht und wird es nie geben. Die Gerechten und Selbstgerechten, die Gerechtigkeit für alle wollen, meinen es gut, aber je lauter nach Gerechtigkeit gerufen wird, und je mehr die Selbstgerechten glauben, genau zu wissen, was Gerechtigkeit ist, je mehr also an Sozialgesetzen herumgepfuscht wird, desto ungleicher und ungerechter wird die Welt. Ausnahmslos alle sozialistischen Experimente erzeugten aus diesen Gründen extreme Ungerechtigkeiten und scheiterten.
Kommentare
Bürger: “Ja, du redest immer von Gleichheit und Gütertheilen, allein ich setze den Fall, wir haben getheilt, und ich, ich spare meinen Theil und du
verschwendest den Deinigen, was dann?”
Communist: “Ganz einfach! Dann theilen wir wieder!” – Fliegende Blätter, München, 1844
“Der faule verschwendendr Nichtsnutz: links; der fleißige sparende Leistungsträger: rechts.”
Ach wie schön ist die Welt der Einfältigen.
Das führte ja zur Spaltung unserer Gesellschaft. Die Faulen im Staatsdienst, beispielsweise die “Leerer*innen”, 20 Wochenstunden ist ein Volldienst, Luxus-Krankenversicherung, allesamt Frühpension (Ruhegenuss), keine Leistung, da Bildung davon abhängt, ob die Kinder von der Mutter zuhause beschult werden oder der Vater Nachhilfeunterricht bezahlt. Aber es stimmt, @fossiles, althergebrachtes Denken heißt, sein Leben lang zu hackeln, und einen Monsterkraken zu fianzieren, kluges, @sapientes Denken heißt, es sich im Staatsdienst gemütlich zu machen, wie die Maden(= Beamte/r) im Speck, für den andere schwer arbeiten, leben. Wie hatte schon Fürst Otto von Bismarck seiner Mutter gesagt ? ” Mutti, ich kann nicht Beamter werden, die fianzieren sich auf Kosten anderer ein schönes Leben”
Ein toller Artikel, vielen Dank dafür und bitte mehr davon!
Auf Express.at bin ich nur zufällig gestossen, Kompliment an die intelligenten, ehrlichen und vor allem mutigen Autoren hier!
Ich sehe nichts Linkes dabei, wenn man die Idee hat, ein Massenprodukt zu schaffen. Bei den Preisen, die die seinerzeit gekostet hatten, konnten sich das nur Firmen oder Wohlhabende leisten.
Zur Gitarre und Jimi Hendrix. Ein Mantra der Linken war es ja immer, dass jene die Macht haben, die die Produktionsmittel besitzen und der einfache Mann daher immer benachteiligt ist.
Nun hat jeder ein extrem leistungsstarkes Produktionsmittel mit einem Computer daheim. Und was macht er damit: Videos schauen, spielen und Social Media konsumieren.
Zuviel “links” bringt immer Misswirtschaft, Hunger, Terror und Massenmorde. Immer!
H.Rieser, haben Sie einen Werbevertrag mit den Linken unterschrieben? – Ihre Stammelei stößt Wähler vom “rechten” Weg eher ab, als zieht sie hin. Wohl eh besser so.
Der Sozialismus beweist:
Gleichheit ist nur mit Hilfe von Gewalt und Diktatur – und auch da nur auf einheitlich niedrigen Niveau – möglich.
Das mag den Neid befriedigen, aber nicht den Wunsch nach einem besseren Leben.
LG 🌼
Vor Gott sind auch Sie nur ein kleiner Mensch wie alle anderen, gleicher geht es kaum.
Vordergründig altruistisches Verhalten hat die Menschheit erst so weit gebracht, wo sie ist. Mit primitivem Faustrecht aller wären auch sie nur selbstversorgender Waldläufer mit Bart und geschundenem Gesicht.
Es gibt sehr schöne, gut nachvollziehbarer wissenschaftliche Studien, die belegen, unabhängig wie eine Gesellschafstordnung aufgebaut ist, es bilden sich sofort – wie Rudolf Öller ausführt – eine Schicht reicher und sehr reicher Menschen, Mittelschicht und arme Menschen. Aber lassen wir die Kirche im Dorf, nennen wir diese Menschen Leistungsträger/innen, die letztlich aufgrund hoffentlich kluger Steuerpolitik zu unser aller Wohlstand über den Sozialstaat beitragen. Das Problem ist nur, wie ebenfalls im Artikel nachzulesen ist, dass der Sozialstaat derart missgewirtschaftet ist, dass er Geld vernichtet, heißt, das hineinfließende Geld generiert keinen nennenswerten sozialen/wirtschaftlichen Mehrwert mehr und – das ist das Schlimme dabei – es generiert auch “Pseudo-Leistungsträger/innen “, heißt Menschen, die im Rahmen der herrschenden Kaste als hoher Beamter/Politiker/ Geschäftsführer beispielsweise der Casino AG tätig sind, und ungeheure Einkünfte lukrieren, die ihnen nie und nimmer zustehen, hier hat sich schon eine ganze Schicht in Österreich gebildet, die kaum mehr arbeiten, allesamt in Frühpesnion gehen, dauernd sehr hohe Gehaltszuwächse lukrieren, Luxus-Krankenversicherung haben und viele mehr solche “wohlerworbenen Rechte” zusammengestohlen haben, “die Kollegenschaft” wie der wilde Fritzi Neugebauer sie einst nannte. Der Sozialstaat in Österreich wird gerade noch von 1,8 Mio Menschen finaziert, also 20% fianzieren die anderen 80%, Tentenz stark fallend. Wie soll sich das bitte a la longe ausgehen, bei der nunmher auch zu beobachteten Armutsmigration, die riesige Geldsummen – wird nur nicht gerne kommuniziert -verschlingt, und die öffentlcihe Hausahlte schwer belasten, wie in Wien zu sehen, derzeit erhöht das Wiener Rathaus alle Gebühren bis zum Anshclag. Quo vadis Austria ?
Dr.P: “Der Sozialstaat in Österreich wird gerade noch von 1,8 Mio Menschen finaziert, also 20% fianzieren die anderen 80%, Tentenz stark fallend.”
Oh, das heißt nur 20% der Österreicher zahlen in die Sozialversicherung, Mehrwertsteuer andere Steuern, Abgaben usw? – Sie kennen sich ja richtig aus hier!
Ja, so schlau sind unsere selbsternannten Leistungsträger, die Stützen unserer Gesellschaft, genau, genau.
@Huberth: Schon mal nachgerechnet wieviele Menschen in Österreich arbeiten und nicht direkt/indirekt von “Papa Staat” bezahlt werden?
Mal sehen, wie schlau Sie wirklich sind 😈
@Huberth: Das ist jetzt keine Gemeinheit von mir, sondern gibt es hier genaue Berechnungen, die zeigen, wieviel Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung überhaupt noch Steuern zahlen, und bei welchen ein positiver Saldo übrigbleibt, wenn man alle Transferzahlungen wegrechnet. Sie werden wahrscheinlich so staunen wie ich es getan habe. Lesen Sie besipielsweise von Josef Urschitz (Presse) ” Analyse: Die letzten echten Steuerzahler”, das war aber im Jahre 2014 !!! Heute schaut es wahrscheinlich noch viel schlimmer aus. Schöne Grüße Ein Steuernettozahler
@ Dr.P. Im Jahresdurchschnitt 2020 gab es lt. Mikrozensus 4.296.900 Erwerbstätige, davon 2.277.500 Männer und 2.019.400 Frauen. (Quelle Statistik Austria) Die Rechnung mit den 20% geht also nicht auf.
Begriffe wie Gerechtigekeit, Respekt, Akzeptanz, Toleranz usw. sind nichts, was man aus dem Kaugummiautomaten drehen und schon gar nicht fordern kann. Jeder musste und muss sie seinen Stellenwert und seine Position in der Gesellschaft erarbeiten, sei es durch Wissen, durch Können, durch Mitanpacken, durch Interaktion, durch Teilen von Standpunkten, Erfahrungsaustausch und und und. Unsere Politiker sind Kurpfuscher, die Wunderelixiere in kleinen Dosen zu Höchstpreisen verscherbeln: Mach dies, mach das, verhalte dich so, denke um…dann geht es uns allen gut und alle werden dich lieben. Scheißdreck! Es gibt kein Volk auf diesem Planeten, das mir im Augenblick mehr auf den Sack geht als ein orientierungsloser Mitteleuropäer auf der verzweifelten Suche nach nach einem Leithammel, der ihm vorschreibt wann er sich den Hintern auswischen darf.
Ah, da sind sie wieder die bösen selbstgerechten Linken, die alle gleichmachen wollen und die armen Leistungsträger vergraulen.
Keine Ahnung von Sozialdemokratie, aber laut unken.
Wo bitte existiert echte Sozialdemokratie?
Das Einzige, was gerecht verteilt ist, ist der Verstand: Jeder glaubt, er hätte genug davon.
Gerechtigkeit ist ein Abstraktum das bei Konkretisierung schwindet. Siehe Epikur vor ca. 2500 Jahren. Auch die Hydra lässt sich nicht konkretisieren.