Niemand kann alles wissen, aber dann sollte man sich vorher gut überlegen, was man sagt. Frau Baerbock hat auch eine 360°- mit einer 180°-Drehung verwechselt, und das nicht nur einmal. Kann auch passieren. Es kann auch passieren, dass man den österreichischen Außenminister mit „Herr Strache“ anspricht. Auch die Vermutung, dass im 19. Jahrhundert (Napoleon, Bismarck, Kaiser Franz Josef) Schlachten mit Panzern durchgeführt wurden, ist zwar nicht ganz richtig, aber wenn man Baerbock heißt, kann auch sowas passieren. Da geht die Aussage über Nigeria als vermeintliche ehemalige deutsche Kolonie fast schon unter.

Wie gesagt, die deutsche Außenministerin hat in kurzen Abständen mehrere Baerböcke geschossen. Ihr größter war wahrscheinlich die Meldung in Straßburg, wonach sich Deutschland mit Russland im Krieg befindet.

Selbsterkenntnis

Vor zehn Jahren erschien der wissenschaftliche Bestseller „Lernen sichtbar machen“ (original: „Visible Learning“) von Prof. John Hattie. Die Medien berichteten groß über dieses Werk, das jeder Bildungs“experte“ lesen sollte. In John Hatties Studie, die auf rund 800 Meta-Analysen basiert, wird gezeigt, dass Persönlichkeit und Qualität der Lehrer eine enorme Bedeutung haben, die Schulstrukturen jedoch weniger wichtig sind. Im Grunde ist das nichts Neues. Der größte von Hattie nachgewiesene Effekt wurde jedoch nirgendwo erwähnt. Anscheinend ist die Studie nur von wenigen Menschen gelesen worden. Den stärksten Effekt beim Bildungserwerb hat die Selbsterkenntnis. Einfach ausgedrückt: Wer erfolgreich sein will, darf sich selbst nichts vormachen. Das scheint Frau Baerbocks Problem zu sein.

 Das Phänomen der Selbstüberschätzung wurde vor über zwanzig Jahren an der Cornell-University von den beiden Professoren David Dunning und Justin Kruger untersucht. Der Dunning-Kruger-Effekt besagt, dass weniger kompetente Personen dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten deutlich zu überschätzen. Das ganze Ausmaß der eigenen Inkompetenz kann nicht erkannt und die Kompetenz anderer Menschen nicht beurteilt werden. In einer Reihe von Experimenten ließen Dunning und Kruger Versuchspersonen verschiedene Aufgaben lösen. Danach wurden die Testpersonen gefragt, wie sie ihre eigene Leistung einschätzten. Die meisten von ihnen lagen klar daneben. Sogar das schwächste Viertel der Versuchspersonen hielt sich für gut bis sehr gut. Personen aus dem besten Viertel schätzten sich zwar auch als gut ein, sie waren jedoch wesentlich besser als sie selbst vermuteten. Der Effekt ist verständlich. Wer selbst mangelhaft gebildet ist und nicht gerade zu den Hellsten zählt, kann nicht erkennen, ob andere richtig oder falsch liegen. 

Redseligkeit

Während Minderbegabten in Wissenschaft und Kunst bestenfalls ein kurzes Leben beschieden ist, genügen in der Politik ein schnelles Mundwerk und eine antrainierte Gestik, die intellektuelle Überlegenheit simuliert. Wer in Talkshows laut, schnell und zu viel spricht, hat die Aufmerksamkeit auf seiner Seite. Ein gutes Beispiel gibt – neben Frau Baerbock – die Vorsitzende der deutschen Grünen, Ricarda Lang. Sie verlängert die lange Liste der Studienabbrecher bei den Linken, was ihrer Redseligkeit nicht schadet. Aufgrund ihrer Wortgranaten bleiben ihre Dunning-Kruger-Anfälle fast unbemerkt. Im November 2018 sagte sie in einem Interview: „Wir [Grünen] fordern den Klimapass, denn wir wollen, dass die Bewohnerinnen von pazifischen Inselstaaten, die ihre Lebensgrundlage verlieren, bei uns die Staatsbürgerschaft bekommen.“ Frau Lang hat die flache Inselwelt der Malediven gemeint, die nicht im Pazifik, sondern südlich von Indien liegt. Wie gesagt, das kann passieren, wenn Sätze so imposant sprudeln wie Old Faithfull im Yellowstone Nationalpark.

Bei all den Dunning-Kruger-Ausritten wird ganz vergessen, dass die Ideengeber der Grünen und Sozialdemokraten zwar eloquente Menschen sind, dass sie aber auf dem Gebiet der Naturwissenschaften fast immer ebenso nackt sind wie viele Selbstdarsteller:innen auf Instagram. Wer darauf besteht, sich zu Naturwissenschaften und Technik zu äußern – und niemand wird dazu gezwungen – sollte gut informiert sein und schablonenhafte Aussagen vermeiden. 

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich postmoderne Philosophen und Ideengeber zu Wort gemeldet und die eine oder andere wertlose Ansicht verkündet. Auch nur einen Bruchteil der Dunning-Kruger-Sammelmappe aufzuführen, würde Bibliotheken füllen, daher sei als pars pro toto das folgende Beispiel angeführt.

Luce Irigaray (* 1930) ist eine französische Psychoanalytikerin und Feministin. Ihre Bedeutung für Ideologinnen ist hoch, ihr Name ergibt in der Google-Suchmaschine fast eine Million Treffer. So wie die meisten Feministinnen hat sie ein Problem mit Männern. Sie kritisiert in ihrem Aufsatz „Die Mechanik des Flüssigen“ die „männliche“ Physik. Die Hydromechanik sei angeblich gegenüber der Festkörperphysik unterentwickelt, weil das Feste (Penis) mit Männern und das Flüssige (Menstruation) mit Frauen identifiziert werde. An anderer Stelle bezeichnet Irigaray die Einstein-Formel E = mc² als „geschlechtsspezifische Gleichung“. 

Die erwähnten Beispiele sind aus dem Zusammenhang gerissen, aber es geht hier um das Prinzip der heißen Luft. Wenn man Vorträge von postmodernen Philosophen und die Wörter-Tsunamis von Grünen hört, ist man zunächst beeindruckt. Bei näherer Analyse bleibt nur Geschwätz übrig. Ricarda Lang zitiert in Interviews regelmäßig das deutsche Grundgesetz, wonach es den Grünen in erster Linie um Würde und Freiheit gehe. Das ist eine verblüffende Aussage, wenn man bedenkt, dass niemand unsere Freiheit so stark einschränken will wie die Grünen.