Zwitter ändern daran nichts, auch wenn diese irrtümlich als eine Art drittes Geschlecht bezeichnet werden. Es gibt chromosomale Abweichungen. Das ist bekannt, seit Chromosomen mit Hilfe eines Mikroskops sichtbar gemacht werden können, doch die Zahl der Geschlechter wird dadurch nicht verändert.

Der Grund für die Existenz von zwei Geschlechtern wurde von Evolutionsbiologen in der Mitte des 20. Jahrhunderts erkannt. Jedes Lebewesen hat zwei genetische Stränge (Chromosomensätze). Menschen haben in der Regel 46 Chromosomen. 23 stammen vom Vater, 23 von der Mutter. Höhere Lebewesen mit nur einem Gensatz konnten sich nie entwickeln, weil eine einzige negative Mutation den Tod einer ganzen Art zur Folge hätte. Bei der sexuellen Fortpflanzung zweier Geschlechter erhöht sich die Zahl der genetischen Kombinationsmöglichkeiten ins Astronomische. Im Falle einer negativen Mutation steht als „Backup“ ein zweites Gen zur Verfügung, was die evolutionären Chancen des Überlebens drastisch erhöht. Ein drittes Geschlecht wäre in diesem System nicht nur überflüssig, sondern geradezu hinderlich. Details können hier aus Platzgründen leider nicht angegeben werden.

Jan Böhmermann

Diese in der Biologie bekannten Tatsachen hindern ignorante Leute nicht, sogar Biologen in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Jan Böhmermann, der Propagandaminister des Woken Reichs, hat in seiner TV-Sendung „Magazin Royale“ üble Angriffe gegen alle gestartet, die sich öffentlich ablehnend zur postmodernen Regenbogenideologie geäußert haben. Die Biologin Marie-Luise Vollbrecht, die nichts anderes getan hatte, als das zu behaupten, was in allen Biologiebüchern steht, wurde von Böhmermann auf lächerliche Art verspottet. Böhmermann, bei dessen Äußerungen nur Zeitgenossen lachen können, die nicht mehr alle Kerzen am Baum haben, erreichte mit seiner Verhöhnung, dass die Biologin von einem gewaltbereiten Mob bedroht und sogar tätlich angegriffen wurde.

Biologen können Geschlechter sowohl über Chromosomen als auch über die Anatomie definieren. Die Frage, was ein drittes oder viertes Geschlecht definitionsgemäß sei, wurde bis heute nicht beantwortet. Es gibt wenige Menschen, die sich mit ihrem eigenen biologischen Geschlecht nicht wohlfühlen, aber dann haben wir es immer noch nicht mit einem dritten Geschlecht zu tun. Die Frage lautet also: Was ist da in den letzten Jahren passiert? Wer versucht, unsere Gehirne zu waschen?

Methodenzwang

Die Antwort findet sich beim österreichisch-amerikanischen Philosophen Paul Feyerabend, der in Büchern wie „Science and Free Society“ wiederholt verkündete: „Anything goes!“ („Alles ist möglich!“). Dieses Schlagwort wurde bei schlichten Menschen begeistert aufgenommen. In seinem Buch „Against Method“ (deutsch: „Wider den Methodenzwang“) bezeichnet er die Naturwissenschaften wörtlich als „Aberglaube“. In Feyerabends Werk findet sich folgender Satz: „Die Eltern eines Kindes können entscheiden, ob ihm die Grundlagen des Protestantismus oder des Judentums oder überhaupt keine Religion vermittelt werden soll, aber auf dem Gebiet der Wissenschaften haben sie kein solches Recht. Physik, Astronomie, Geschichte müssen gelernt werden. Sie können nicht durch Magie, Astrologie oder das Studium von Sagen ersetzt werden.“ 

Feyerabend meint es so, wie er es gesagt hat. Dass sich Gase bei rascher Expansion abkühlen, dass sich die Erde in Form einer Ellipse um die Sonne bewegt, dass Blutgruppen biologisch vererbt werden, all das sind nach Feyerabend erfundene Mythen. Von dieser Denkweise leitete die amerikanische Soziologin Judith Butler die Schnapsidee ab, dass es keine Geschlechter gibt und die genetischen und anatomischen Merkmale nur gesellschaftliche Konstrukte sind.

Feyerabend und Butler wären nicht der Rede wert, wenn sie nicht in den Gesellschaftswissenschaften eine Anzahl von Anhängern gefunden hätten, die der Ideologie der Postmoderne zu einem gewissen Erfolg verholfen haben.

Keiner der großen Naturwissenschaftler der Geschichte hat auch nur eine einzige erfolgreiche Theorie in nur wenigen Wochen entwickelt. Die experimentellen Bestätigungen folgten meist erst nach Jahren (Relativitätstheorie), manchmal sogar Jahrhunderten (Atomtheorie). Feyerabend hat diese Arbeitsweise der modernen Wissenschaften nie verstanden. Er bekennt sich sogar zu seiner schlampigen Art zu denken, wenn er in seinen Büchern die Wissenschaften zwar wiederholt kritisiert, aber kein einziges konkretes Beispiel nennt. Stattdessen bekennt er: „Die Wissenschaft der ersten Welt ist eine unter vielen … Mein Hauptmotiv zum Schreiben des Buches [Anm.: Against Method] war ein humanitäres, nicht ein intellektuelles.“ 

Strong programme

Einige unter der Bezeichnung „strong programme“ versammelte Kulturwissenschaftler wollten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Feyerabends Einfälle „wissenschaftlich“ umdeuten. Sie versuchten, biologische und physikalische Theorien mit soziologischen Begriffen zu „erklären“. Dieser peinliche Versuch ging gründlich daneben und ist Thema einer späteren Kolumne. 

Sigmund Freud hat über Jahrzehnte das Denken von Psychologen und Soziologen beeinflusst. Heute spricht niemand mehr vom „Penisneid“, vom „Ödipuskomplex“ und anderen Freudschen Wortschöpfungen. Auch Freuds Unterbewusstsein gibt es heute nicht mehr. Verhaltensforscher wie Konrad Lorenz, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, der brillante amerikanische Psychologe Daniel Kahnemann und andere haben das Unterbewusste empirisch untersucht und neu erklärt. Freud ist heute nur noch eine historische Figur. Genauso wird es der Gender- und Vielgeschlechter-Ideologie ergehen. Sie wird eines Tages nur noch ein belächeltes Randkapitel sein, das Teile unserer Gesellschaft in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts derangiert hat. 

Anlässlich des Jahreswechsels erhebe ich mein Glas. Ein Prosit auf die zwei Geschlechter, auf Feyerabends „erste Welt“ – also Europa – und dessen kulturelle und wissenschaftliche Leistungen sowie auf alle noch klar denkenden Zeitgenossen. Die Bücher von Feyerabend und seiner Abkömmlinge sollen nicht geächtet werden. Sie dürfen als Abschreckung dienen.