Manche der hier erwähnten Wieselwörter oder -phrasen sind schon so lange im Gebrauch, dass wir keine Sekunde an den Gedanken verschwenden, es handle sich um etwas Falsches oder Dummes. Die Leser mögen es verzeihen, dass hier nur einige wenige Beispiele angeführt werden können.

Homophobie

Phobos (griechisch) ist die Angst, homós (griechisch) bedeutet nicht etwa Mensch, sondern gleich oder ähnlich. Homophobie ist die Angst vor Gleichheit. Es geht um den Vorwurf, homosexuelle Menschen zu diskriminieren. Selbstverständlich hat heute niemand Angst vor Schwulen und Lesben. Es existiert lediglich eine gewisse Abneigung gegenüber dem lauten öffentlichen Agieren mancher Schwulenverbände, denn niemand außer Spannern interessiert sich für die Aktivitäten anderer Menschen in den Schlafzimmern. Noch dümmer als „Homophobie“ ist nur noch „Transphobie“, was hier nicht weiter besprochen werden soll.

Diskriminierung

bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen aufgrund bestimmter Wertvorstellungen. Selbstverständlich wird dieser Begriff in Zeiten wie diesen in erster Linie im Zusammenhang mit der vermeintlichen Herabwürdigung von Schwulen, „People of Color“, Moslems und anderen Gruppen gebraucht. Entsprechend der politisch getrommelten Regel diskriminieren nur böse alte weiße Männer. Tatsächlich? Sarah-Lee Heinrich ist am 9. Oktober 2021 zur Bundessprecherin der deutschen Grünen gewählt worden. Folgende Sätze hat sie über Twitter verbreitet: „Diese Tunte soll ihr Maul halten“; „Deine Schuhe sind schwul, meine Schuhe sind teuer“; „Diese Fotze!“; „Nicht alle Mädchen mögen Blumen du sexistisches Schwein, ich will dich verbrennen, alle Männer sind Scheiße“. Jeder nichtlinke weiße Europäer, der solche Sätze verbreitete, würde einem Facebook/Twitter/Instagram-Lynchmob zum Opfer fallen. Sarah-Lee Heinrich hat einen dunkelhäutigen Elternteil, außerdem ist sie eine Grüne. Na dann!

Lehrpläne

Die Forderung, „die Lehrpläne der Schulen sind zu entrümpeln“ war früher in Mode. Niemals hat man von diesen „Experten“ jedoch zu hören bekommen, welche Lehrpläne gemeint waren, und was konkret zu entrümpeln sei. Mindestens genauso oft war und ist von einer „Entlastung“ der Schüler die Rede, und die kam tatsächlich. Das Aufzählen der echten Schultage, also der Tage, an denen Schüler in die Schule gehen, bringt ein erstaunliches Ergebnis. In den Sechziger- und Siebzigerjahren besuchten Schüler noch an knapp 70% aller Tage die Schule. Dann kamen der Reihe nach „Energieferien“, schulautonome Tage, Herbstferien, Zwickeltage, Projektwochen und freie Samstage. Heute besuchen die Schüler nur noch an weniger als 50% aller Tage (!) im Jahr die Schule, was dazu geführt hat, dass Jugendliche aus bildungsnahen Haushalten im Vorteil sind. Jede Schulreform würde diese – Achtung Wieselwort – Ungerechtigkeit nur noch verstärken. „Bildungs-Ungerechtigkeit“ durch politisch verordnete Entlastung, wer hätte das gedacht!

Kritik an der Justiz

Staatsanwälte und Justizwachebeamte sind Angestellte, die dem Justizminister unterstellt sind. Der jeweilige Minister ist weisungsbefugt. Beamte des Innenministeriums (Polizei), des Unterrichtsministeriums (Lehrer), des Verteidigungsministeriums (Soldaten) und andere Staatsbedienstete sind genauso wie alle Staatsanwälte von einem Ministerium abhängig. Die „unabhängige Justiz“ westlicher Demokratien besteht aus Richtern, und nur aus Richtern. Es ist daher erlaubt, Polizisten, Lehrer, Soldaten, Staatsanwälte und sogar Richter zu kritisieren. Ob zu Recht oder nicht, ist eine andere Frage. Wenn der Herr Bundespräsident und gewisse Oppositionspolitiker jammern, dass es unerhört sei, die „unabhängige Justiz“ zu kritisieren, so liegen sie zu hundert Prozent falsch, denn Kritik ist das Salz jeder Demokratie. „Maul halten!“ ist das erste Gebot in Diktaturen. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist seit ihrer Gründung durch so viele Fehler aufgefallen, dass Kritik an dieser Behörde selbstverständlich erlaubt sein muss, ja sogar notwendig ist.

Integration und Bereicherung

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts war der „Gastarbeiter“ eine aussterbende Art. Gab es keine Arbeit, konnten die Leute eine Zeitlang vom Arbeitslosengeld leben, dann musste die Heimreise angetreten werden. Heute ist die Situation anders. Nicht wenige Ausländer kommen nicht nach Schweden, Deutschland und Österreich, weil sie sich durch harte Arbeit eine zweite Chance im Leben erhoffen, sondern weil die Länder (noch) wohlhabend und edelmütig gegenüber Zuwanderern sind. Da gewisse Defizite vieler (nicht aller) Migranten im Lauf der Zeit immer sichtbarer wurden, tauchten zwei neue Ausdrücke auf: Integration und Bereicherung. Bei letzterem Wieselwort weiß bis heute niemand, was damit gemeint ist, denn ungelernte Analphabeten und ihre Großfamilien sind keine Bereicherung der Arbeitswelt.

Die rührendsten Wieselwörter sind „sozial“, „gerecht“, „demokratisch“, „gleich“ und „nachhaltig“. Jeder kann sie unterschiedlich verwenden, deuten oder mit imaginärer Wichtigkeit befüllen, um in der Folge von angelernten Intellektuellen beklatscht zu werden. Besonders häufig verwendete Begriffe wie „gerecht“ und „Gerechtigkeit“ liegen bereits so nahe am politisch korrekten Hintergrundrauschen, dass sie kaum noch wahrgenommen werden. Die schludrigsten Wieselwörter sind „nachhaltig“ und „klimaneutral“. Nachhaltig und klimaneutral ist heute alles, was so bezeichnet wird. Die konkrete Bedeutung ist längst egal.