Das Kernkraftwerk von Tschernobyl hatte eine Gesamtleistung von vier Gigawatt. Die vier Reaktoren waren aus mehreren Gründen eine gemeingefährliche Fehlkonstruktion. Während europäische und amerikanische Kernkraftwerke Reaktoren in der Größe von Tankwägen haben, waren sie in Tschernobyl groß wie ein Haus. Aus diesem Grund verzichteten die Konstrukteure auf einen Druckbehälter. Zudem waren diese Reaktoren so konstruiert, dass sie Plutonium für Kernwaffen ausbrüten konnten. Es kommt noch dicker. Die Regelstäbe, mit denen die Kettenreaktion gesteuert wird, waren aus Kostengründen nicht komplett mit dem neutronenabsorbierenden Element Bor umgeben. Die Enden der Stäbe waren aus Grafit, und das war die Hauptursache der Katastrophe.

AZ-5

Im April 1986 versuchte die Nachtmannschaft laut Vorschrift einen Notfall zu simulieren und die Eigenschaften des Reaktors nach Abschaltung der Umwälzpumpen zu testen. Die Hitze des Reaktors sollte genügen, die Turbinen noch so lange am Laufen zu halten, bis die Dieselaggregate ansprangen. Ein RBMK-1000-Reaktor, so die offizielle Bezeichnung, läuft bei hoher Leistung stabil. Gasblasenbildung und das entstehende Edelgas Xenon stören den Reaktorbetrieb nicht. Senkt man die Leistung durch Einfahren der Regelstäbe ab, neigt der Reaktor dazu, instabil zu werden. Er beginnt – laienhaft ausgedrückt – zu stottern wie ein untertourig gefahrener Motor. Die automatischen Sicherheitssysteme waren wegen des Tests ausgeschaltet. Eine unkontrollierte Dampfblasenbildung und zu viel Xenon ließen die Reaktorleistung unerwartet schwanken. Einer der Reaktoringenieure erkannte die herannahende Gefahr und drückte auf den Schnellabschaltknopf „AZ-5“, worauf alle Regelstäbe auf einmal in den Reaktor sanken. Der vordere Teil der Stäbe bestand aus Grafit, das ist ein Neutronenmoderator. Die Zahl der spaltenden Neutronen nahm schlagartig zu, die Leistung des Reaktors stieg um das Tausendfache. Die Ursachen der folgenden Zerstörung lagen somit in einer Fehlkonstruktion, sowie in der im Kommunismus üblichen Schlamperei.

Fukushima

Die Ursache des Fukushima-Vorfalls lag nicht in einer Fehlkonstruktion, sondern in einer Flutwelle. Die Katastrophe begann am 11. März 2011 mit dem gewaltigen Tohoku-Beben, dem ein Tsunami folgte. In den Blöcken 1 bis 3 versagten wegen des Wassereinbruchs die Kontrollsysteme. Es kam zu Kernschmelzen, worauf große Mengen an radioaktivem Material in die Umwelt gelangten. Der größte Fehler in Fukushima war die Lage der Reaktoren direkt an der Küste. Es war bekannt, dass ein größerer Tsunami einen nuklearen Großunfall auslösen könnte. Offenbar war das Problem verdrängt worden.

Es wird damit gerechnet, dass die Kernenergie weltweit eine Renaissance erleben wird, da Kernkraftwerke kein CO2 ausstoßen. Auch Gegner der Stromerzeugung mit Hilfe von Kernenergie geben zu, dass die neuesten Reaktoren wesentlich sicherer sind als alle Reaktortypen zuvor. Was jedoch geschieht mit den radioaktiven Rückständen?

Oklo

Ein Atomreaktor ist im Wesentlichen ein Haufen spaltbares Uran-235, das in Wasser getaucht wird. Es klingt überraschend, aber das kam bereits in der Natur vor. Die Uranerz-Naturreaktoren in Oklo im afrikanischen Staat Gabun wurden zufällig entdeckt. Durch die

Analyse der radioaktiven Zerfallsprodukte konnten die Abläufe rekonstruiert werden. Vor etwa zwei Milliarden Jahren fanden hier spontane Kernspaltungen in großem Maßstab statt. Das vom Regenwasser durchtränkte Uranerz bot die richtige Konfiguration für eine nukleare Kettenreaktion, die ungefähr 0,1 Megawatt Wärmeleistung freisetzte. Das Uran enthielt damals genügend spaltbares Uran-235. Es war so konzentriert, dass keine Anreicherung nötig war.

Es gab mehrere Naturreaktoren in Oklo. Die Kernspaltung lief für einige Minuten, dann hatte die Hitze das Wasser verdampft. Der für die Kernspaltung notwendige Neutronenmoderator, das Wasser, war jetzt verschwunden. Nach einigen Stunden war der Reaktor kalt, Wasser strömte nach und die Kettenreaktion begann erneut. Das lief einige hunderttausend Jahre lang. Der Fund in Oklo ist nicht nur kurios. Er sagt uns auch etwas. Die aufgefundenen Spaltprodukte fand man genau dort, wo sie entstanden waren, und das war vor 2 Milliarden Jahren, also ein halbes Erdenalter. Wir werden daher auch die Frage der Endlagerung lösen

1.000 Windräder

Im „Bundesgesetz über den Ausbau von Energie aus erneuerbaren Quellen“ (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG) werden unter § 4 die geplanten jährlichen Produktionsmengen an erneuerbarem Strom bis 2030 aufgelistet. Demnach sollen pro Jahr 27 Terawattstunden zusätzlich umgesetzt werden. Eine Terawattstunde (TWh) ist eine riesige Menge an Energie. Laut „statista.com“ wurden 2020 in Österreich 45,4 TWh Strom durch Wasserkraft erzeugt. Im Gesetz sind zusätzlich 5 TWh pro Jahr vorgesehen. Wie das bei einem bereits vollzogenen Vollausbau der Flüsse gehen soll, bleibt ein Geheimnis. Sollen in den nächsten acht Jahren in den meisten Gebirgstälern Staumauern gebaut werden? Bei der Windkraftnutzung sollen pro Jahr 10 TWh dazukommen. Ein modernes Windrad kann ungefähr zehn Gigawattstunden (0,01 TWh) Strom pro Jahr erzeugen. Laut Gesetz benötigen wir also in wenigen Jahren tausend staatlich subventionierte Windräder zusätzlich in Österreich. Der explodierende Strompreis lässt grüßen.

Österreich und Deutschland protestieren gegen die durch die EU geplante Renaissance der Kernenergie, aber diese Proteste werden erfolglos sein, denn die neue Generation der Reaktoren ist wesentlich sicherer als die alten Maschinen. Wie auch immer man zur Kernenergie stehen mag, so müssen wir realistischerweise anerkennen, dass die Produktion elektrischer Energie mit Hilfe von Wasser, Wind und Sonne grundsätzlich begrüßenswert ist. In hochindustrialisierten Ländern wird das jedoch unmöglich ausreichen, den Lebensstandard zu sichern.