Oberst Igor Korotchenko ist ehemaliger russischer Generalstabs- und Luftwaffenoffizier und nun Reserveoffizier. In einer Live-Sendung des Fernsehsenders Rossiya 1 skizzierte der Kreml-nahe Experte seinen militärischen Eroberungsplan im Baltikum.

“So könnte das Szenario für die Eroberung der baltischen Länder aussehen”, begann der pensionierte russische Offizier. Er zeigte dabei auf Karten in englischer Sprache, auf denen die Truppenaufstellungen der Nato eingezeichnet waren. Gotland – mit rund 58.595 Einwohnern Schwedens größte Insel – wurde von ihm rot eingekreist.

"Alle NATO-Radare werden blind sein und nichts sehen"

Zu Beginn wird “ein massiver russischer Funkschlag durchgeführt”, damit “alle NATO-Radare blind werden und nichts sehen”. Korotchenko zeichnete noch mehr rote Linien auf der Karte. Dann beschrieb er, wie Russland seine Feinde überwältigen würde.

“Zu diesem Zeitpunkt landen auf der schwedischen Insel Gotland russische Militärflugzeuge, die S-400 Flugabwehrraketensysteme und Bastion-Küstenabwehrsysteme ausliefern”, erläuterte der Oberst. “Sie werden eingesetzt – und im Moment weiß oder sieht niemand etwas. Der Westen fragt sich: ‘Warum sehen wir nichts? Was ist mit unseren Radaren passiert?'”

Schweden ist traditionell neutral, aber die Befürchtung, Russland könnte versuchen sich die strategisch wichtige Insel Gotland anzueignen, hat das Land veranlasst, seine Streitkräfte aufzustocken.

Werden die westliche NATO-Verstärkungen blockieren

Danach würden die Russen von der Oblast Kaliningrad aus weiter vorstoßen, erklärte Korotchenko. Dieses Gebiet umfasst das nördliche Drittel des ehemaligen Ostpreußens und ist als Exklave von Litauen und Polen umgeben.

Von dort aus, so meinte der Experte, sollte das russische Militär in Richtung der sogenannten Suwalki-Lücke vordringen – das ist das Gebiet rund um die Grenze zwischen Litauen und Polen und die einzige Landverbindung der baltischen Staaten mit den übrigen NATO-Partnern. Dieser Vorstoß werde – so Korotchenko – die westlichen NATO-Verstärkungen aus Polen blockieren.

Westliche Spezialeinheiten müssten "ihre Waffen niederlegen"

“Der verblüffte Westen und die NATO werden wissen, dass Russland eine Flugverbotszone von 400 Kilometern erklärt hat”, merkte der ehemalige Offizier begeistert an, während der TV-Moderator zustimmend nickte.

Die gesamte Ostsee stünde dann den russischen Streitkräften offen, erklärte er live im Fernsehen. “Die wenigen Spezialeinheiten Kanadas, Großbritanniens, Deutschlands und der USA in der Ostsee” würden dann von einer russischen Luftlandetruppe “umzingelt” und müssten “ihre Waffen niederlegen”.

Am Ende schwören die baltischen Staaten Moskau die Treue

Das Szenario endet damit, dass die neuen Regierungen der baltischen Staaten Moskau die Treue schwören, während Schweden ewiger Neutralität und einem Pachtvertrag über Gotland für 99 Jahre zustimmt.

Die Sendung wurde Ende vergangenen Jahres im russischen Fernsehen ausgestrahlt, doch nun hat sie der ukrainische Regierungsberater Anton Geraschtschenko neuerlich gepostet. Sie erinnert an eine TV-Ansprache des weißrussischen Diktators Alexander Lukaschenko, in der dieser offenbar ankündigte, dass die Republik Moldau das nächste Land sein könnte, das von Russland überfallen wird.

Zurzeit findet gerade NATO-Übung "Cold Response" statt

Erst vor wenigen Tagen hatte die NATO Zehntausende von Soldaten, sowie einen Flugzeugträger, ein Zerstörerschiff und ein atomgetriebenes Angriffs-U-Boot nach Norwegen geschickt, das an Russland grenzt. Truppen aus 28 Ländern Europas und Nordamerikas beteiligen sich zurzeit an der Übung “Cold Response” an der Grenze zu Russland, die etwa einen Monat lang dauern wird und am Montag begann. Die Übungen finden nur wenige hundert Kilometer von der russischen Grenze entfernt statt. Rund 35.000 Soldaten, 200 Flugzeuge und 50 Schiffe sind an Cold Response beteiligt.

"Cold Response" war unabhängig von Putins Krieg geplantFlickr/Soldatnytt
Insgesamt 50 Schiffe sind im Einsatzdefenceimagery/LA(PHOT) Martin Carney

Die Übungen sollen zeigen, wie eine geeinte multilaterale Streitmacht Norwegen und die Nordflanke Europas gegen einen modernen Gegner verteidigen könnte. Die NATO erklärte, die Übung stehe in keinem Zusammenhang mit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. Die Übung sei geplant worden, lange bevor Wladimir Putin seinen Truppen den Befehl zum Einmarsch in die Ukraine gegeben habe.

Russland hatte es abgelehnt, als Beobachter an der Übung teilzunehmen. Die Übung findet alle zwei Jahre statt. Sie zielt darauf ab, dass NATO-Mitglieder und Partner die Zusammenarbeit zu Lande, in der Luft und auf See üben.