Es muss weder ein Tag des Chauvinismus sein, noch einer des überschäumenden Nationalismus. Das Gefühl der „Grande Nation“ Frankreich, wenn sie sich am 14. Juli feiert, ist natürlich ein anderes. Aber es lohnt vielleicht darüber nachzudenken, welches Bild wir unseren Kindern von diesem Österreich weitergeben. Muss es wirklich das Resultat von Sadomasochismus und Geschichtsklitterung sein?

Was sich über die Jahre nicht geändert hat, sind die – manchmal falschen – Gründe, warum wir auf unser Land stolz sind. Da ist einmal die Schönheit der Landschaft, die freilich nicht unser Verdienst ist. Und Österreicher mit stolzgeschwellter Brust sind wir auch, wenn wir glauben, der Glanz eines Ski-Sieges fällt auf uns (beim Fußball sind diese Anlässe eher selten). Aber sonst?

Die Polit-Szene gibt keinen Anlass, stolz auf Österreich zu sein. Aber wo tut sie das schon? Unsere einstmals große Errungenschaft, die Sozialpartnerschaft als Garant des sozialen Friedens, manövriert sich seit Jahren in die Bedeutungslosigkeit.

O Du mein Franz-Josef-Land

Und Österreich die Kulturnation? Die Kulturszene hat sich zur moralischen Lehranstalt entwickelt, die nicht müde wird, den bösen Nazi in uns zu entlarven – die Aufführung eines Klassikers ohne wenigstens ein paar Hakenkreuze und viele erhobene Zeigefinger gibt es nicht mehr (wobei die Klassiker es längst nicht mehr auf die Bühne schaffen, die braucht man ja für die Lesung von Chats, die die WKStA zur Verfügung stellt).

Aber auch bei der Erzählung der weiter zurückliegenden Geschichte tun sich Abgründe auf. In letzter Zeit hat sich die große türkische Community beschwert, dass sie sich von den vielen meist steinernen Erinnerungen an die Türkenbelagerungen beleidigt fühlt. Die Antwort darauf sind Schulbücher, die die Zeltstadt der osmanischen Belagerer als bunten Multikulti-Erlebnispark für die eingeschlossenen Wiener schildern. Was für ein Welcome-Blödsinn da gelehrt wird: Wozu hätten europäische Heerscharen die Österreicher sonst unterstützen sollen, die Invasion der islamischen Macht abzuwehren, wenn das eine derart vergnügliche Angelegenheit war?

Denkmäler werden beschmiert, Straßennamen abgeschafft, weil heute die Geschichte vom hohen Ross der Nachgeborenen bewertet und durch die ideologische Brille betrachtet wird. Die herrschende Moral ersetzt historisches Wissen.

Und jetzt suchen natürlich auch woke Uni-Historiker unermüdlich, ob sie nicht doch ein Indiz finden, auch diesem Österreich endlich die böse Kolonialismus-Fratze anzuhängen. O Du mein Franz-Josef-Land. Aber wir machen eben bei jeder Mode mit, die zu uns herüberschwappt. Und wenn wir ein modisches Problem gar nicht haben, dann finden sich trotzdem seine Auswirkungen: Österreich ist voll von Rassismus – deshalb muss der Meinl-Mohr weg und Othello darf nicht mehr geschminkt sein. Aus dieser bösen rassistischen Grundeinstellung heraus verschweigen wir sicher auch die afrikanischen Gene des Herrn Beethoven…

Vielleicht sind wir gar nicht so schlimm

Aber vielleicht ist es ja nur das veröffentlichte Österreich-Bild, das uns zum Zerrbild eines Pariah Europas macht. Je mehr man auf dieses Land und seine bösen Vorurteile hinhaut, umso mehr Publizität bekommt man. Nur: Vielleicht sind wir gar nicht so schlimm, wie wir uns ständig vorwerfen lassen. Dann sollten wir aber rasch unseren Kindern ein anderes Österreich-Bild vermitteln. Nicht nur am Nationalfeiertag.