Wäre es nicht viel gescheiter und effizienter, man würde das Regieren Wissenschaftlern und Experten überlassen – so wie es vordergründig betrachtet in Zeiten der Pandemie geschehen ist? Analysiert man die türkis-grüne Steuerreform, dann hat man die Antwort darauf: So gut das besonders in den Ohren der politikerverdrossenen Wähler klingen mag – nein. Es braucht ein starkes Miteinander von Expertise und politischem Geschick.

Der stille Star dieses Regierungswurfs ist ein Wissenschaftler und gemessen an den Ergebnissen hat er sich stärker eingebracht als von außen gleich erkennbar ist. Und dem Führungsduo Kurz – Kogler muss man zugutehalten: Sie scheinen auf ihn gehört und sich seine Argumente angeeignet zu haben. Der Glücksfall in diesem Team heißt Martin Kocher.

Kocher kann die Klimaretter durch seine Expertise im Zaun halten

Der Arbeitsminister ist Verhaltensökonom. Und als solcher hatte er genügend Gewicht, dass er die klima-alarmistischen Gäule in Zaum halten konnte. In dieser ersten CO2-Bepreisung wären die Klimaretter gerne viel weiter gegangen. Nur: Wenn man sich so das Heizen in diesem Winter nicht mehr leisten kann, wärmt einen nicht die Freude, dass man das Klima von Morgen rettet. Kocher weiß, was die Umwelt-Lobbyisten nicht verstehen wollen: Mit empfindlichen Strafen (und als solche werden Steuern und Gebühren empfunden) und überschießenden Verboten wird man die Menschen nicht dazu bewegen, ihr Verhalten zu ändern. Ganzen Landstrichen die Armee zu schicken und die umweltschädlichen Öfen herauszureißen, aber den Menschen erst eineinhalb Jahre und viele Frostmonate später Ersatz anzubieten – das können sich die chinesischen Kommunisten leisten. In unserem freien, demokratischen System geht das Gott sei Dank nicht. Die Klimaretter wissen das nicht – ein Glück, dass es Kocher gibt.

Kocher hat aber offensichtlich mit seiner Expertise auch daran erinnert, dass das – auch in der türkis-grünen Regierungserklärung – gebetsmühlenartig wiederholte Versprechen vom Abschaffen der Kalten Progression den Besserverdienern am meisten bringen würde. Und so konnte der Regierungswille, die Steuerreform auch sozial treffsicher zu gestalten und die kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten, auf eine viel effizientere starke Entlastung dieser Bevölkerungsgruppen gehen. Das ansonsten von ökonomischem Sachverstand nahezu vollständig befreite Kabinett wäre leicht zum Getriebenen des eigenen Unwissens geworden – ein Glück, dass es seit Jänner dort Martin Kocher gibt.

Ohne Politiker geht es nicht

Und auch die Maßnahmen zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts wären ohne ihn wohl zu einem Zankapfel geworden. Dass es ohne erfolgreiche Arbeitgeber nicht geht, haben weite Kreise des linken Österreich noch nicht verstanden. Arbeiterkammer-Zwangsbeiträge werden in propagandistische Unternehmerfresser-TV-Spots gesteckt, Gewerkschafts-Bonzen torpedieren industriepolitisch existenzielle Verkäufe wie jene des MAN-Werks an Siegfried Wolf. Mit solchen antikapitalistischen Reflexen, die auch die Grünen leiten, kann ein Land nicht überleben. Zum Glück gibt es Kocher – dessen gewichtige Stimme manches ins rechte Lot gebracht hat.

Und doch: Sollen bei so viel richtigen Entscheidungen nur Wissenschaftler regieren? Nein – ohne Politiker wird es nicht gehen. Denn irgendjemand muss die wissenschaftlichen Grundlagen, die ein Fachmann beisteuert, auch an die gesellschaftliche Realität heranführen, an die Lebenspraxis der Menschen. Das war bei den Corona-Maßnahmen so – hätte die Regierung den Virologen/Epidemiologen/Modellrechnern freie Hand gelassen, wäre die Protestbewegung sicher noch viel größer, als sie heute ist.

Ideales Zusammenspiel von Theorie & Praxis

Wissenschaft kann die Entscheidungen der Politik auf eine solide Basis stellen. Freilich nur dann, wenn sie selbst ideologiefrei und rein faktenbasiert ist – was heute leider oft nicht mehr der Fall ist, wenn es etwa um Klima-, Gender- oder Diversitätsfragen geht.

Mit Kocher konnte diese türkis-grüne Regierung ein ideales Zusammenspiel von (wissenschaftlicher) Theorie und (Regierungs-)Praxis eingehen. Es gäbe noch einige Ministerien, wo mehr fundierter Sachverstand für uns und unser Land von Vorteil wäre.