So ähnlich funktioniert das aber mit den ORF-Gebühren, die wir berappen müssen, sobald wir ein „Endgerät“ besitzen – was mittlerweile jedes Smartphone ist. Ob wir wollen oder nicht. Wir müssen zahlen, auch wenn wir nachweislich die Programme des ORF nicht empfangen wollen, ja sogar dann, wenn wir sie nicht empfangen können.

Und trotzdem: Niemand schreit wirklich auf.

Die Wiener Zeitung als Blatt der Republik finanziert sich kärglich über die längst veraltete Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt (und ist bei ihrer Abschaffung in ihrer Existenz bedroht). Das Publikum investiert sein Geld in andere Zeitungen, die Werbewirtschaft in andere, größere Blätter. So funktioniert der freie Markt nun einmal – ob man es für gerecht hält oder nicht.

Bei den elektronischen Medien hingegen herrscht die Staatswirtschaft, denn die privaten ORF-Mitbewerber haben keinerlei Chance. Der von uns allen zwangsfinanzierte Krake ist zu groß. Egal, wie seine Qualität ist, ob der ORF seine gesetzlich fixierten Aufträge erfüllt oder nicht, das Geld fließt. Und zwar – anders als beim öffentlich-rechtlichen Vorbild BBC – auch aus der Werbung.

Von Waffengleichheit ist da keine Rede. Und deshalb wird ein Wettbewerb immer verzerrt bleiben. Es ist aber nicht einzusehen, warum uns gerade in diesem Bereich die freie Wahl verwehrt wird. Warum wir nicht zahlen dürfen, was wir auch wirklich sehen wollen.

Für diesen fehlenden Mut kriegen wir als Konsumenten die Zwangsgebühren-Rechnung präsentiert

Zwangsgebühren hätten eigentlich mit der Öffnung des elektronischen Markts verschwinden (oder zumindest mit einem Verbot von Werbung à la BBC flankiert werden) müssen – denn sie sind eine arge Wettbewerbsverzerrung.

Warum muss ich weiter den ORF zahlen, wenn ich die Informations-Qualität von Servus-TV, die pulsierende Aktualität von Internet-TVs (wie dem des exxpress) vorziehe? Erst wenn das nicht so wäre, gäbe es Waffengleichheit.

Und es wäre mit Sicherheit ein gutes Korrektiv für den Markt. Dann wird sich Qualität beweisen müssen.

Sogar Abonnement-Systeme können sich rechnen, wenn das Angebot den Vorstellungen des Publikums entspricht. Das zeigt nicht zuletzt der Streaming-Abo-Markt. Das würde wiederum viel Bewegung, viel Mutiges ermöglichen.

Genau das wäre aber ungemütlich für den Staatsfunk. Also muss die Zwangsgebühr gesichert bleiben – das wollen die aussichtsreichsten Kandidaten für den Generaldirektors-Sessel, die ja alle aus dem ORF kommen. Und sie wissen auch, wie man die Politik in dieser Frage rasch ruhigstellt: über den mit nordkoreanischer Disziplin absolvierten täglichen Kotau vor Landesvater und -mutter in den Landesstudios.

Fragt sich, warum die Bundespolitik dem Staatsfunk nicht endlich echte Konkurrenz verschafft – trotz aller Fehlentwicklungen, die sich nicht zuletzt in den ständig sinkenden Quoten niederschlagen. Für diesen fehlenden Mut kriegen wir als Konsumenten die Zwangsgebühren-Rechnung präsentiert.

Und wir werden sie sogar dann noch zahlen müssen, wenn auch der letzte Zwangskonsument sich sein Programm selbst aus dem Internet zusammenstellt.

Unbeeindruckt von dystopischen Meinungstrends und spitzzüngig gegen Nonsense-Gerede artikuliert sich auch Ruth Pauli (70). „Erst denken, dann twittern“, warnte die Autorin und langjährige ehemalige Innenpolitik-Redakteurin einmal. Schon früh blickte die gebürtige Wienerin über den österreichischen Tellerrand, ihre Studien- und Forschungsjahre führten sie in die USA, die Sowjetunion und nach Frankreich. Nach der Promotion über russische Literatur arbeitete sie unter anderem bei der „Wochenpresse“, der „Presse“ und dem „Kurier“. Sie brachte mehrere Bücher heraus, ob als Übersetzerin, Autorin oder als Herausgeberin.