Eigentlich sollten wir uns wundern, dass in anderen Fächern angeblich nur der Einklang herrscht. Am eigenartigsten ist das in der aktuellen Klimadebatte. Kaum sagt der Bundeskanzler, dass es auch andere klimaschonende Wege gibt als die reine Verbotsstrategie, melden sich „die“ Klima-Wissenschaftler, die ihrer Ablehnung Ausdruck verleihen. Und nur diese.
Dabei gibt es viele Wissenschaftler an unseren Universitäten, die entweder an anderen Technologien arbeiten oder den Allein-Fokus auf CO2 in ihren Forschungen nicht bestätigen können. Nur: Sie werden nicht gefragt.
Aber sie melden sich auch nicht aktiv zu Wort, wenn ein Thema „brennt“. Im besten Fall im Nachhinein, wenn es zu spät ist.
Das ist auch in anderen Disziplinen so.
Wundert sich niemand, dass unser Land nur über drei Rechts-Experten verfügt, die bei jedem erdenklichen Rechtsthema ihre gleichlautende Meinung dartun? Gefragt, aber auch ungefragt sind es immer die notorischen Drei (Funk, Mayer, Öhlinger). Das hat besondere Brisanz durch Handlungen der Justiz im Ibiza-Komplex. Jetzt kommt langsam heraus, was zum Teil gegen das Recht geschehen ist. Heute trifft das „nur“ ein paar Politiker und ihr Umfeld. Morgen kann es aber jeden von uns treffen – wenn die Praxis einreißt.

Bundespräsident hat gegen das Gesetz gehandelt

So meinte der Strafrechtsprofessor Robert Kert (WU Wien) vor kurzem, dass die Verwendung der Chats durch die Behörde (und die U-Ausschüssler) schon durch die Bestimmungen der Datenbevorratung nicht rechtens gewesen sei. Und die Innsbrucker Rechtsprofessoren Peter Bußjäger und Hubertus Schumacher veröffentlichten einen Artikel, dass die Exekution der Mitarbeiter-Mails des Finanzministeriums nicht dem österreichischen Exekutionsgesetz entspricht.

Das heißt nichts anderes, als dass der Verfassungsgerichtshof gegen das Gesetz entschieden und der Bundespräsident gegen das Gesetz gehandelt haben. Auch dass der Europäische Gerichtshof nur im Falle von Schwerstverbrechern erlaubt, dass strafverfolgende Behörden den elektronischen Schriftverkehr (z.B. Chats) heranziehen, wissen die Rechtsprofessoren.

Experten schweigen

Nur: Warum haben sich all diese Experten nicht zu Wort gemeldet, als diese Rechtsbrüche geschehen sind? Nur weil es nicht opportun war? Weil es ohnehin „nur“ Politiker betroffen hat (vielleicht gerade solche, die sie ohnehin nicht mögen)? Das Recht muss sogar für diese gelten, sonst wird es gefährlich für uns alle.

Die öffentliche Diskussion über Vorgehensweisen der Staatsanwaltschaft oder des Verfassungsgerichtshofs wurde mit dem Entsetzensschrei abgewürgt, dass das „ein Angriff auf den Rechtsstaat“ sei. Und diejenigen, die es besser wissen und wissen müssen, nämlich die Universitätsexperten, schwiegen, obwohl sie wussten, dass Recht gebrochen wurde und daher die Diskussion mehr als notwendig gewesen wäre?

Es braucht Mut

Weder sie noch die Klimawissenschaftler und alle anderen, die zu den großen Themen unserer Zeit beizutragen hätten, dürfen weiter bequem schweigen. Im stillen Universitäts-Kämmerlein alles besser zu wissen und zu schweigen, weil der populäre Mainstream anders dröhnt, ist zu wenig – das lehrt schon die Geschichte. Wer mehr weiß, soll es laut sagen. Auch wenn es dazu Mut braucht.

Unbeeindruckt von dystopischen Meinungstrends und spitzzüngig gegen Nonsense-Gerede artikuliert sich auch Ruth Pauli (70). „Erst denken, dann twittern“, warnte die Autorin und langjährige ehemalige Innenpolitik-Redakteurin einmal. Schon früh blickte die gebürtige Wienerin über den österreichischen Tellerrand, ihre Studien- und Forschungsjahre führten sie in die USA, die Sowjetunion und nach Frankreich. Nach der Promotion über russische Literatur arbeitete sie unter anderem bei der „Wochenpresse“, der „Presse“ und dem „Kurier“. Sie brachte mehrere Bücher heraus, ob als Übersetzerin, Autorin oder als Herausgeberin.