
Ruth Pauli: Zackzack und die Argusaugen des HBP
Der Bundespräsident verspricht uns, mit Argusaugen über die Aufklärung der Affäre Kurz & Co zu wachen. Vielleicht sollte er die Sage nachlesen: Die 100 Augen des Riesen Argus wurden alle eingeschläfert und sahen nichts. Dabei gäbe es hinter dem polit-medialen Triumphgeheul über das Zur-Seite-Treten des Sebastian Kurz einiges zu erkennen, das mehr als bedenklich stimmt.
1. So tief kann man gar nicht schlafen, dass nicht eines glasklar wurde: Und wenn die Kickl-Freiheitlichen noch so sehr von Rot-Grün-Pink geschmäht werden – sie dürfen dann mitregieren, wenn sie für eine Machergreifung nötig sind. Da ist einer roten Kanzlerin von Kickls Gnaden jeder Parteitagsbeschluss egal, da reichen die Pinken den sonst Aussätzigen die Hand, da fürchtet plötzlich das grüne Establishment die Basis nicht mehr. Da gibt es plötzlich keine Angst vor den Reaktionen „des Auslands“ mehr. Oder war die Drohung, mittels anonymer Anzeige und WKStA könnte jederzeit der nächste Unliebsame abgeschossen werden, die Rückversicherung für freiheitliches Wohlverhalten bei diesem Unternehmen?
2. Schlimmer, noch viel schlimmer aber ist das, was sich in den turbulenten Tagen der Kurz-Entfernung an Rechtsbrüchen abspielte – ohne dass irgendjemand das hinterfragt hätte: Noch nie konnte man eine von der WKStA verfasste und von einem Richter abgestempelte „Anordnung zur Hausdurchsuchung“ im Internet zeitgleich mit den Polizei-Aktionen nachlesen – und zwar zeitgleich auf einer Seite, wo jeder, der will, Dokumente anonym hochladen kann, und auf „zackzack“, der Pilz-Gründung, wo man oft über Aktionen der Staatsanwaltschaft und der Justizministerin schon vorab informiert wird.
Dämme werden gebrochen
3. Dann veröffentlicht die WKStA 500 Seiten abgetippte Chats – aber nicht nur Nachrichten, die strafrechtlich relevant wären, sondern alles, worauf moralische Empörung gegründet werden kann. Und alle Zeitungen, alle Politiker zitieren frisch-fröhlich daraus, ohne zu bedenken, welche Dämme hier gebrochen werden. Diese Abschaffung des Briefgeheimnisses, auch des elektronischen, geht uns alle an – das kann jetzt jedem passieren. Laut EuGH wäre noch dazu die Auswertung elektronischer Kommunikation nur im Falle von Terrorismus zulässig. Also ist Sebastian Kurz ein Terrorist. EU-Recht steht über österreichischem Recht – aber darüber reden wir in Österreich nicht, wenn es uns nicht ins Konzept passt.
4. Der ORF lässt den Verfassungsjuristen Heinz Mayer mehrmals auftreten, weil er so schön erklärt, dass sich Kurz in die parlamentarische Immunität flüchtet – auch wenn es nicht stimmt. Denn diese Immunität gilt nur für strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit der parlamentarischen Arbeit, wie nicht nur ein Parlamentarismus-Experte erklärt. Kein Ruhmesblatt für Experten und Journalisten.
5. Die Hausdurchsucher beim Fellner-Medienhaus „Österreich“ ereilte während ihrer Arbeit die elektronische Nachricht aus dem OGH, dass diese Hausdurchsuchung nicht genehmigt sei. Was sie nicht am Weitermachen hinderte. Nun kann man von den Fellners halten, was man will – aber wenn Anwalt Georg Zanger nun die Republik klagt, sollte sich die „vierte“ (mediale) Gewalt doch einmal überlegen, was das für die Pressefreiheit heißt.
Faymann lässt grüßen
6. Das Geschäft Steuergeld-Inserate gegen positive Berichterstattung, das Grundlage der Kurz-Vorwürfe ist, wird nicht besser, wenn man sagen muss: Unter Faymann war es genauso, in der Gemeinde Wien ist es noch ärger. Das gehört schnellstens abgeschafft. Was aber stutzig macht: Ein einziges Mal wurde bisher aus den Chats des Thomas Schmid ein derartiger Abtausch mit einer „Qualitätszeitung“, nämlich mit der „Presse“ geleakt. Interessanterweise auch auf „zackzack“. Und wer diesen Inseraten-Filz kennt, der weiß: Einschlägige Chats gibt es zu 100 Prozent über alle Medien. War dieser gezielte Leak über die „Presse“ ein Warnschuss, falls irgendein Medium die WKStA doch noch kritisch zu sehen beginnt?
Zackzack
Kommt da „zackzack“ ein bisschen oft vor? Nicht wundern: Es ist eine Pilz-Gründung, Justizministerin Alma Zadic war eine Pilz-Abgeordnete. Und sie steht felsenfest vor der „unabhängigen Justiz“ (zu der bekanntlich die Staatsanwaltschaft nicht zählt). Sie steht davor. Da kann sie mit Recht sagen, dass sie hinten keine Augen hat, um zu sehen, was dort geschieht. Sie weiß es ohnehin.
Und über allem wacht der Bundespräsident mit Argusaugen – die, wie die Sage uns lehrt, alle schlafen.
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Kommentare
Die Autorin schreibt von Rechtsbrüchen der Opposition (ja, welche denn??), bringt falsche Fakten (HD bei Österreich), stellt Mutmaßungen an (Zadic), relativiert (Faymann). Selbstkritik? Keine Spur! Sie hat sich den “neuen Stil” offenbar auch schon angeeignet. Und warum? Weil sie offenbar nicht fähig oder willens ist, objektiv über die Situation zu urteilen. Oder weil sie vielleicht traurig ist, dass der Heilige Basti doch nicht so heilig ist? Wer weiß. Der Artikel ist insgesamt einfach arm. Genau wie die meist unreflektierten und relativierenden Kommentare hier. Moralische Verkommenheit ist sicher bei jeder Partei dort und da zu finden, aber was die ÖVP derzeit abliefert, sprengt wirklich alles.
Ihr Bericht Frau Pauli bestätigt meine Meinung. Seit langem verfolge ich die Interviews und Berichte von Pilz. Zuletzt hat er am 23.8. sein Buch auf oe 24 vorgestellt und dabei in seiner Art auf die Inseratenannahme des Verlages Österreich hingewiesen. Das war schon ein Signal für mich. Pilz betonte schon mehrmals, dass das Kartenhaus um Kurz – Fleischmann, Nehammer, Holzer …. fallen wird und die letzte Karte wird Blüml sein. Und diese Karte wird ihn selber treffen betont er immer wieder. Die “Kurz muss weg” Bewegung ist eine alle Parteien unterstützende Bewegung. Angezündelt von den Kurz Hassern – Pilz, Kickl, H. Brandstätter, Kern, Mitterlehner …. Pilz ist mMn die Verbindung der Kurz Hasser mit den sogenannten Gutmenschen, den Selbstgerechten in unserm Land siehe Abstimmung gegen Korruption. Und deshalb sind so viele Fronten offen gegen die es wahrscheinlich keine oder vielleicht nur eine gerechte Möglichkeit der Aufdeckung gibt. Es müsste eine Petition gestartet werden, die sich gegen die Veröffentlichung der Chats analog dem Briefgeheimnis, ausspricht. Dieses menschenunwürdige Schauspiel der Vorverurteilung muss ein Ende finden, es könnte jeden treffen!!
Danke Fr. Pauli. Sie schreiben mir von der Seele. Man hat wirklich den Eindruck: Es kann JEDEM passieren, dass er von einer ungezügelten Justiz FERTIG gemacht wird.
Wann beauftragt der oberste Wächter des Rechtsstaates seinen Stab eine Anzeige gegen jene Staatsanwälte einzubringen die Akte geleakt ( gegen Entgelt?) und auch die Persönlichkeitsrechte gemäß EU Menschenrechts- Konvention verletzt haben?
Großartiger Kommentar
“Parlamentarische Immunität” – wozu? Ein Normalbürger kann belangt werden, ein Parlamentarier ist etwas besseres? Eine Abschaffung der PI hat den Vorteil, dass endlich Lügen, Hassreden etc. der Politiker klagbar sind.
Das und Vieles mehr zeigt, wie dringend notwendig eine umfassende Justizreform ist. Höchstrichter urteilen ohne gesetzliche Grundlage, Staatsanwälte brechen nach Belieben das Fernmeldegeheimnis, veröffentlichen unverschämt geheime Materialien etc. Die Justiz gehört an die Kandare des Gesetzgebers. Es gibt ja den parlamentarischen Justizausschuss, der eine Aufwertung erfahren und über den Höchstrichtern stehen muss. Der Ausschuss könnte mit pensionierten Rechtsanwälten und Richtern aufgewertet werden. Doch das Recht muss vom Volk (und dessen gewählten Vertretern) ausgehen!
1) DANKE herzlichst Frau Pauli für die offenen und klaren Worte!
2) ergänzen will ich noch, dass die Allgemeinheit offenbar von einer unabhängigen und auch (fälschlich, naiverweise) OBJEKTIV agierenden Justiz ausgeht. Und genau hier liegt die Krux.
Ob Kurz angeklagt werden wird oder nicht, sei dahingestellt, und zwar für Jahre. Das bedeutet, dass Kurz Geschichte sein wird.
3) Die freie Beweiswürdigung des Gerichts wird oftmals zu willkürlicher Entscheidungsfindung, -begründung herangezogen.
4) unter den Amtsträgern in der Justiz (Ri, StA) sind etliche oftmals getrieben von Neid, Missgunst, Narzissmus, Ignoranz und Missbrauch der Strafprozessordnung etc., und zwar OHNE jegliche Kontrolle oder Sanktionsmöglichkeit!!!
5) es bleibt zu hoffen, dass zukünftig die Österreicher verschont werden mit dieser Fülle von ungustiösen, aber privaten chats etc.
Beste Grüsse
Ein sehr guter Kommentar. Dankeschön, Frau Ruth Pauli!
Schliße mich gerne am, sehr geschrieben!
sehr guter kommentar. ja die zadic füttert pilz für sein zackzack mit geheim infos. ich habe mich von anfang an gewundert dass man den grünen das justizministerium gegeben hat. zadic geört sofort abgesetzt. es gilt die unschuldsvermutung
Ja, das war der größte Fehler! Und man sieht, wie gut das orchestriert ist, sonst wäre das nicht möglich. Und dass keiner aufschreit wegen des Datenschutzes!
genauso sehe ich das auch
Danke Frau Pauli sehr guter Kommentar.
Ich hoffe, dass das alles dazu führt, dass sich FPÖ und ÖVP wieder finden und sich die Linken in den Hintern beißen werden.
Im übrigen macht mir die ganze Situation auch Angst.