Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat dem von ihm bereits am Donnerstag ventilierten Lockdown für Ungeimpfte einen konkreten Zeitplan verpasst. Man wolle an diesem Sonntag “grünes Licht” für einen solchen Lockdown geben, sagte Schallenberg am Freitag bei einer Pressekonferenz zur “Blackout”-Übung in Innsbruck. Davor würde es am Wochenende eine virtuelle Konferenz mit den Landeshauptleuten geben und zudem am Sonntag eine Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrates.

Die Kontrollen sollen “stichprobenartig” vorgenommen werden, erklärte Schallenberg. Die Wohnung verlassen könne man dann, wenn man der Arbeit nachgehen, notwendige Besorgungen machen müsse und sich “die Füße vertreten” wolle. Engmaschigste Kontrollen könne es logischerweise nicht geben, erklärte der Bundeskanzler: “Wir leben ja nicht in einem Polizeistaat und können und wollen nicht an jeder Straßenecke kontrollieren”.

Einen Lockdown für Geimpfte soll es auf jeden Fall nicht geben

Er wolle jedenfalls eine “bundeseinheitliche” Lösung, sagte Schallenberg. Einmal mehr erteilte der Kanzler einem generellen Lockdown – also auch für Geimpfte und Genesene – eine klare Absage: Es müssten nämlich diejenigen geschützt werden, die sich auch selbst gegen das Virus durch eine Impfung geschützt hätten. Eine “Solidarität” mit den Ungeimpften im Sinne eines Gangs in den Lockdown dürfe es nicht geben.

“Zwei Drittel haben das Richtige gemacht”, lobte der Kanzler die Geimpften. Er sehe nicht ein, dass diese bereit sein sollen, aus Solidarität mit den Ungeimpften ihre Freiheitsrechte zu verlieren. Dies könne es nicht sein: “Das ist für mich ein ethisches und ein demokratiepolitisches Thema”. Zudem müsse man auch die “Stimmung im Bilde haben”. Was sollen sich jene Menschen denken, die sich impfen haben lassen, wenn sie dann trotzdem kraft Lockdowns “in der Küche landen und eingesperrt sind”. Die Impfung bzw. der dritte Stich sei der “einzige Wellenbrecher, den wir haben” und der der Pandemie ein Ende bereiten werde. “Wir müssen raus aus dieser Logik: “Welle, Lockdown, Welle, Lockdown'”. Es sei ohnehin schon “bitter”, dass man trotz genügend Impfstoffes sich in der jetzigen Situation befinde.

Platter: "Kann dem Vorschlag des Bundeskanzlers viel abgewinnen"

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, sagte, dass er bei den anderen Landeshauptleuten “Zustimmung” für einen Lockdown für Ungeimpfte orte. “Ich kann diesem Vorschlag des Bundeskanzlers viel abgewinnen”, meinte er. Am Sonntag werden die Länder mit der Regierung eine “gemeinsame Linie” finden.

Man müsse aber “alles daran setzen, dass die Bevölkerung nicht noch mehr verunsichert ist”, sagte der Landeshauptmann. Er wiederholte, dass er für bundeseinheitliche Lösungen eintrete. “Wir haben alle dasselbe Problem”, hielt er fest. Immerhin habe man das bei Einführung der 2G-Regel ja auch geschafft.

Salzburg und Oberösterreich bereiten bereits den Lockdown vor

Fix ist bereits: Es wird eine Impfpflicht für alle Gesundheitsberufe geben und ab Montag einen Lockdown für Ungeimpfte in Salzburg und Oberösterreich. Das hat Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein fast zeitgleich um 13.15 Uhr verkündet, nach einem Gespräch mit den Landeshauptleuten der beiden betroffenen Bundesländer. Dass es nicht nur bei den beiden Bundesländern bleiben dürfte, deutete auch er an und verwies auf eine Videokonferenz mit allen Landeshauptleuten am Sonntag.

Mückstein zeigte sich zu Mittag ernst und unterstrich: “Die Zahlen steigen rasant, besonders in Oberösterreich und Salzburg, besonders unter den Ungeimpften. Die Kapazitäten auf den Intensivstationen werden immer knapper.” Und: “Mein Job als Gesundsminister ist es Überzeugungsarbeit zu leisten.” Im Falle von Salzburg scheint ihm dies gelungen zu sein, denn der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer hatte sich zuvor noch gegen einen Lockdown für Ungeimpfte gewehrt.

Stufe fünf wurde vorgezogen

Ab Montag gilt in den beiden Bundesländern damit Stufe fünf gemäß dem Stufenplan. Diese Stufe fünf sieht ein Ausgehverbot für Ungeimpfte vor. Wegen der dramatischen Situation wurde sie aber vorgezogen. Der Stufenplan sei eine Art Untergrenze gewesen. So begründete Mückstein die Beschleunigung. Es könnte nicht die letzte sein: “Die Zahlen steigen auch in den anderen Bundesländern und da werden wir weitere Entscheidungen treffen.” Um den De-Facto-Lockdown für Ungeimpfte einzuführen müsse noch der Hauptausschuss des Nationalrates einberufen werden.

“Schützen Sie mit Ihrer Vorsicht sich und die anderen Menschen”, sagte Mückstein. Bei einer Konferenz der Landesgesundheitsreferenten habe sich eben gezeigt, wie dramatisch die Situation ist.

Oberösterreich erlässt zusätzliche Verordnungen

Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) unterstrich bei einer gleichzeitig abgehaltenen Pressekonferenz: “Was uns überrascht hat, ist die enorme Wucht der vierten Welle und dass innerhalb der Steigerung eine Vervielfachung eingetreten ist.” Stelzer hat schon zuvor den Lockdown für Ungeimpfte ab Montag verhängt. Allen, die sich aber impfen haben lassen, wolle man ein möglichst normales Leben gewährleisten. Doch angesichts der jetzigen Entwicklung seien weitere Einschränkungen nötig.

Mit einer eigenen Verordnung des Landes Oberösterreich werde man weitere Schutzmaßnahmen treffen, wie das Tragen der FFP2-Maske. Bis zum hl. Nikolaus werden größere Veranstaltungen untersagt, mit der Ausnahme von professionellen Sportveranstaltungen. Die Gastronomie soll offen bleiben, die Nachtgastronomie wird geschlossen. Nach drei Wochen sollen diese Bereiche wieder benützbar sein. Weihnachtsmärkte dürfen mit Maske betreten werden, allerdings ohne vor Ort zu konsumieren. Man wird also Essen und Getränke mitnehmen. Wirtschaftliche Hilfen sind vorgesehen. “Es ist Schluss mit lustig. Wir müssen mit dem Impfen vorankommen. Vertrauen Sie doch den Experten, denen Sie auch vertrauen, wenn Sie im Spital sind. Alle sagen, die Impfung hilft und wirkt.”

Beide Landeshauptleute stimmten schließlich zu

Salzburg hatte zuvor die Maßnahmen verschärft – aber ohne Lockdown. Salzburg setzte auf die Ausweitung der Maskenpflicht, Einschränkungen in der Gastronomie und eine Ausweitung von 2G auf weitere Bereiche sowie umfassende Kontrollen an.

Bereits Mittwochabend hatte Mückstein in einer Videokonferenz einen regionalen Lockdown vorgeschlagen, beide Landeshauptleute standen dem Wunsch damals noch eher skeptisch gegenüber. Am Donnerstag sah dann auch Stelzer die Dimension der Lage ein. Laut Informationen von “Heute” könnte nun ein österreichweiter Lockdown für Ungeimpfte folgen. Bis Samstagmittag will Mückstein dafür die Lockdown-Verordnung vorlegen. Bei Ausgangsbeschränkungen muss diese Verordnung allerdings den Hauptausschuss des Parlaments passieren.

Abstimmungsrunden mit Landespolizeidirektionen

Spannend werden die Kontrollen der Ungeschützten sein. Franz Ruf, Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, möchte mit den Ländern klären, wie Ausgangssperren für Ungeimpfte kontrolliert werden können (abgesehen vom Weg zur Arbeit, Einkäufen für den täglichen Bedarf und Hilfsdiensten). Vertreter der Polizei laufen gegen diese Pläne Sturm. Gegenüber der ZIB2 hat Ruf betont, dass Kontrollen schwierig werden.

Der Bundesrettungskommandant forderte jedenfalls bereits einen bundesweiten Lockdownn ohne Einschränkungen. In einem Statement auf Twitter meinte er, dass es akutes Krisenmanagement benötige und nannte hierfür auch Maßnahmen, die seiner Meinung nach notwendig wären.