Am Mittwoch erreichte der Krieg in der Ukraine einen weiteren tragischen Höhepunkt, als in der heftig umkämpften Stadt Mariupol ausgerechnet eine Kinder- und Geburtenklinik zum Ziel russischer Bomben wurde (der eXXpress berichtete). Bilder und Videos des völlig zerstörten Spitals gingen um die Welt und lösten nicht nur einen Aufschrei des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, sondern eine heftige Welle der Empörung bei hochrangigen Regierungsvertretern, humanitären Organisationen, Prominenten und Privatpersonen aus.

Während die Welt den Schlag gegen die “Verwundbarsten unserer Gesellschaft, unsere Kinder – und damit das Leben selbst”, wie es in einem Statement hieß, kollektiv verurteilte, leugnete Russland den Angriff erst und verstrickte sich dann in Widersprüche. Erst soll die Klinik nicht angegriffen worden sein, dann doch – als “legitimes Ziel”, weil sich “ukrainische Nationalisten” beziehungsweise die auch von Präsident Putin immer wieder zitierten “Neonazis”  das Gebäude als Basis für “Schießübungen” auserwählt hätten.

Im Chaos der ersten Meldungen war noch nicht klar gewesen, ob und wie viele Opfer der Angriff gefordert hatte, Präsident Selenskyj hatte in einem Tweet davon gesprochen, dass sich noch Kinder unter den Trümmern befänden. Dann wurden Bilder von Verletzten veröffentlicht, darunter auch Fotos einer hochschwangeren Frau, die mit Verletzungen im Gesicht und in eine Decke eingewickelt vor den Trümmern der Klinik steht, auf einem anderen sieht man eine ebenfalls schwangere Frau, die auf einer Bahre weggetragen wird. Diese erschütternden Fotos, zusammen mit Meldungen darüber, dass der Angriff auf das Kinderspital 17 Verletzte und drei Tote – darunter ein Kind – gefordert habe, ließen den kollektiven Aufschrei über die Gräueltat noch lauter werden – und Russland reagierte mit dem “Fake News”-Stempel.

Wortwörtlich: In einem mittlerweile gelöschten Tweet behauptete die russische Botschaft in Großbritannien, dass die beiden zuvor beschriebenen Fotos dieselbe Frau zeigen würden, und dass es sich bei der jungen Frau tatsächlich um eine schwangere Ukrainerin handle und identifizierte sie mit vollem Namen als Marianna Podgurskaya – es gehe ihr allerdings gut, sie sei eine bekannte und gut bezahlte Influencerin und Beauty-Bloggerin – und in diesem Fall auch Schauspielerin. Der Angriff, ebenso wie die Bilder und ihre Verletzungen, seien reine “Inszenierung”, eine “Provokation, um antirussische Hetze im Westen zu schüren”.

Aber damit nicht genug, die Botschaft erhob auch gegen den Fotografen der Fotos Vorwürfe: Die Bilder seien von Evgeniy Maloletka, einem “Propaganda-Fotografen” geschossen worden. Tatsächlich ist Maloletka ein bekannter Foto-Journalist aus der Ukraine, der den Krieg dokumentiert und unter anderem für die Nachrichtenagentur AP arbeitet, die einen sehr guten und seriösen Ruf genießt.

Nachdem die russische Botschaft in der Ukraine die schwangere Influencerin mit vollem Namen nannte und auch dazu ermutigte, auf deren Instagram-Account nachzuprüfen, “wie gut es ihr gehe”, wurde Marianna Podgorskas Account auf Instagram zum Ziel unzähliger russischer Hass-Kommentare.

Twitter zog rasch die Konsequenzen und löschte den Tweet der russsischen Botschaft auf Twitter:”Wir haben Maßnahmen ergriffen, da sie gegen die Twitter-Regeln verstoßen, insbesondere gegen unsere Richtlinien zu hasserfülltem Verhalten und missbräuchlichem Verhalten im Zusammenhang mit der Leugnung von gewalttätigen Ereignissen”, sagte eine Sprecherin auf Nachfrage von”Forbes”.

Viele Nutzer sind sich einig, dass es sich bei zwei Bildern tatsächlich um Podgurskaya handelt, das Foto mit der Frau auf der Liege zeige allerdings eine andere schwangere Frau.

Auch die Vereinten Nationen äußerten sich zu dem Angriff auf die Klinik – und bestätigte am Donnerstag den russischen Angriff auf die Kinderklinik und zerschlug damit die Kreml-Meldungen, dass es sich hierbei um “Fake News” handle: “Das dortige Menschenrechtsteam hat bestätigt und dokumentiert, was sie als wahllosen Luftangriff auf das Krankenhaus bezeichneten, und dass das Krankenhaus zu dieser Zeit Frauen und Kinder versorgte”, so der UN-Sprecher Stephane Dujarric in New York.

Ebenfalls am Donnerstag vermeldeten die Vereinten Nationen, dass das Kinderspital in Mariupol nicht das einzige Geburtenspital in der Ukraine sei, das zum Ziel russischen Bombardements wurde. Jaime Nadal von der UN-Agentur für reproduktive Gesundheit sagte, dass mittlerweile drei Kinderkliniken angegriffen worden seien – neben Mariupol seien auch Entbindungskrankenhäuser in Schytomyr und Saltiwsky zerstört worden.