1300 Seiten lang ist der Akt zur Inseraten-Affäre, monatelang sammelten die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) dazu auch alle Hintergründe, alle Details zum Medien-Business in Österreich. Und sie ließen in diesem Fall die Lebensgefährtin eines ihrer Staatsanwalts-Kollegen aus hunderttausenden Thomas-Schmid-Chats die dabei möglicherweise belastenden SMS suchen und im Akt dokumentieren, dazu wurden auch noch spektakuläre Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt, in der ÖVP-Zentrale, im Finanzministerium und in einem Medienhaus organisiert. Ein massiver Aufwand der Sonderermittler der Justiz gegen ÖVP-Politiker und mögliche Mittäter.

Bei sehr ähnlichen Verdachtsmomenten aber anderen Tatverdächtigen läuft’s bei der WKStA nicht ganz so schnell und auch nicht so effektiv, wie jetzt dem eXXpress bestätigt worden ist.

Bei ihnen läuft alles sehr flott: Die Tatverdächtigen Kurz und StracheAPA/HANS PUNZ

Justiz prüft seit 77 Tagen, ob sie zu ermitteln beginnt

Als der eXXpress nun zum Jahresende nochmals nachfragte, was aus der am 13. Oktober 2021 bei der WKStA unter der Zahl 1792 eingegangenen Sachverhaltsdarstellung gegen Michael Häupl und der Wiener SPÖ wurde, die auch der Redaktion in Kopie zugesandt worden ist, kam nur ein knappes Statement der Justiz: Es werde noch geprüft, ob mit Ermittlungen begonnen werde.

Die Justiz “prüft” nun also schon 77 Tage, ob die Wiener SPÖ unter dem damaligen Wiener Bürgermeister Michael Häupl ebenfalls von den Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab Umfragen bestellt hat – und diese auch von gewissen Medienhäusern zu Gunsten der SPÖ und des SPÖ-Landesparteivorsitzenden veröffentlichen ließ.

Galt auch kurz als "Kronzeugin": Meinungsforscherin Sabine Beinschab

410 Online-Interviews: Lobeshymne für Häupl

7 Minuten statt 77 Tage hätten allerdings absolut ausgereicht, um zum Tatvorwurf gleich mehrere Verdachtsmomente zu finden. So überschlägt sich eine Studie von Research Affairs am 22. Jänner 2018 fast im Lob über Michael Häupl, der sein Amt an Michael Ludwig übergibt: 52 % der Wiener würden seine Arbeit schätzen, meinen die von Sabine Beinschab befragten 410 User in den Online-Interviews. Allerdings: “Sein Team schwächelt sehr”, meint die Tageszeitung, die diese Umfrage veröffentlicht.

Michael Ludwig konnte sich kurz zuvor auch über eine wichtige Umfrage-Mehrheit in einer Research-Affairs-Studie freuen: Er lag im Jänner 2019, wenige Tage vor der Abstimmungs-Schlacht gegen Andreas Schieder, mit 37 % klar vor seinem Konkurrenten (28 %). Wiederum hätten das “410 Online-Interviews in Wien ” ergeben . . .

Findet sich rasch im Web: Research Affairs über den Ex-SPÖ-Chef
Research Affairs hatte auch gute News für Michael Ludwig

Anzeige gegen NEOS-Politiker seit 181 Tagen bei WKStA

Aber nicht nur bei der Anzeige gegen die SPÖ wird von der WKStA auffallend gründlich überprüft, ob es auch zu Ermittlungen kommt: Auch im Fall des NEOS-Abgeordneten und Ex-Kurier-Chefredakteurs Helmut Brandstätter wägt die Justiz schon seit Ende Juni 2021 ab, was für oder gegen die Einleitung von Erhebungen sprechen würde. Seit 181 Tagen liegt eine umfangreiche Sachverhaltsdarstellung, die auch dem eXXpress zugespielt worden ist, über Brandstätter, dessen Ehefrau Patricia Pawlicki und dem Ex-OMV-Vorstand Gerhard Roiss bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Die ORF-Journalistin Pawlicki wird in dem Dossier vorgeworfen, extrem hohe Honorarrechnungen für ihre “Medienberatung” der OMV abgerechnet zu haben. Es geht um mehr als 400.000 Euro.

Die WKStA meinte kürzlich auf eXXpress-Anfrage: “Es wird noch immer geprüft, ob in diesem Fall mit Ermittlungen begonnen wird.”

Weiß noch immer nicht, ob gegen ihn ermittelt wird: NEOS-Politiker Helmut Brandstätter