“Die FPÖ, die wir in der türkis-blauen Regierung beobachten konnten, ist kein Koalitionspartner für uns”, hielt die Bundesparteivorsitzende der SPÖ am 29. Mai 2019 noch die Fahne des antifaschistischen Abwehrkampfes hoch. Es gibt noch viele andere Zitate ähnlicher Tonalität. Jetzt, eineinhalb Jahre später, war die gleiche FPÖ für Pamela Rendi-Wagner plötzlich doch koalitionstauglich: Für einen Sturz von Kurz passte Kickl samt Haimbuchner und Landbauer, sogar Waldhäusel wäre akzeptabel für die rote Leider-doch-nicht-Kanzlerin.

Der SPÖ blieb bekanntlich dann am Samstagabend die Schmach des Verrats aller jahrelang gepredigter Werte in ihrem gesamten Ausmaß erspart: Sebastian Kurz warf als Kanzler hin, ersetzte sich durch Schallenberg.

Der ÖVP-Chef machte damit Rendi-Wagner zum zweitgrößten Verlierer dieses Wochenendes: Die Gier nach Macht und Kanzlerposten der SPÖ-Chefin war zu offensichtlich, ihre Umkuschelung Herbert Kickls nur noch zum Fremdschämen.

Blauen Beelzebub aus dem Schmuddeleckerl geholt

Dieses politische Unvermögen bleibt nicht ohne Folgen: Erstens wird Rendi-Wagner den Schwefelgeruch nicht mehr so schnell los, der nun seit ihrem rot-blauen Flirt an ihr klebt. Auch die letzte treue Kernwählerschicht der SPÖ, die Gruppe der Noch-einen-Caffe-Latte-Moria-brennt-Bobos, wird nicht so rasch vergessen, das die Anti-FPÖ-Rendi jetzt den rechten Beelzebub persönlich aus dem dunklen politischen Schmuddeleckerl geholt hat.

Die Wendehälsin kann sich auch nicht darauf ausreden, dass dies ein einmaliger Patzer war: Schon am 27. Mai 2019, nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos, ging’s im Paarlauf mit den ach so bösen Blauen zur Abstimmung für den Misstrauensantrag, der Sebastian Kurz schon damals den Kanzler kostete.

Aber wer will die SPÖ übernehmen?

Pamela Rendi-Wagner hat nun gleich zwei Probleme: Erstens ist das Vertrauen jener Wähler, die bisher noch immer SPÖ gewählt haben, weil sie einen Rechtsruck verhindern wollen, vermutlich auf Kellerniveau – wer Rot wählt, kann nämlich auch Kickl & Co. bekommen, das ist nun bestätigt. Zweitens war die Performance der SPÖ-Bundesparteivorsitzenden ohnehin nie derart grandios, dass sie parteiintern unumstritten war: Rempeleien gegen Hans Peter Doskozil, nicht wirklich optimale TV-Auftritte, ein katastrophales Parteitags-Ergebnis und dazu ein Kleinkrieg mit allen Medien, die sich nicht als linkslastig einordnen lassen.

Die aktuelle desaströse Performance könnte jetzt der Anfang vom politische Ende der Pamela Rendi-Wagner gewesen sein. Aber wer will die SPÖ jetzt übernehmen?

Mit dem Ziel einer Vierer-Koalition ohne Kurz verkalkuliert: Pamela Rendi-Wagner