In Auftrag gegeben wurde die Studie von der „Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende“, also ausgerechnet jener Einrichtung, die seit ihrer Gründung im Jahr 2019 für die Legalisierung der Sterbehilfe in Österreich eintritt. Ganz offen hatte die Gesellschaft zuvor angekündigt, als erster Sterbehilfe-Verein ihre Dienste auch in Österreich anzubieten und eben jene Klage beim VfGH eingereicht, auf die hin das Verbot der Suizidbeihilfe gekippt wurde. Der Verein selbst hat diese Höchstgerichtsklage finanziert. Die Legalisierung der Sterbehilfe in Österreich hätte für ihn weitreichende Folgen. Hohe Umsätze machen zurzeit Schweizer Sterbehilfevereine.

Parteiischer Auftraggeber der Studie

Der ehemalige Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK), Otto Pjeta, erklärte, die als “Studie” bezeichneten Umfrageergebnisse seien in der Berichterstattung viel zu wenig kritisch hinterfragt worden – vor allem mit Blick auf den Auftraggeber und auf die schwerwiegenden Folgen darin, schrieb der nunmehrige ÖAK-Seniorenreferent in einem Leserbrief an die “Presse”. Ob tatsächlich 80 Prozent der Österreicher assistierten Suizid und 57 Prozent dessen Durchführung durch Vereine befürworteten, sei fraglich.

Bischof Hermann Glettler spricht von "Manipulation"

Kritik kam auch aus der Kirche. Bischof Hermann Glettler kritisierte die Umfrage als manipulativ: “Die soeben veröffentlichte Umfrage betreibt Propaganda. Auf die Frage nach einer stärkeren Liberalisierung der ‘Sterbehilfe’ gab es jeweils mehrere Optionen für ein Ja mit einladenden Begründungen. Beim einzig möglichen Nein fand sich der Hinweis, dass dies der Verfassungsgerichtshof ohnehin bald aufheben würde. Die so erzielten Ergebnisse als eindeutiges Votum zu verkaufen, ist Manipulation”, sagte der Bischof in der “Kleinen Zeitung”.

Näher besehen wirft die Studie tatsächlich mehrere methodische Fragen auf:

Die Befragten der Studie waren zwischen 16 und 69 Jahre alt, wobei die Zustimmung bei den unter 30-Jährigen am höchsten war. Mit dem zunehmenden Alter der Befragten sanken freilich die Zustimmungswerte. Jene Personengruppe, die vom Thema Autonomieverlust und Lebensende tatsächlich real betroffen ist – nämlich Personen über 70 – wurde überhaupt nicht befragt.

Unterstellung in Frage versteckt

Die Frage „Was halten Sie von der Entscheidung [des VfGH]?“ wurde mit einem Hinweis eingeleitet. Demnach verstoße das Verbot von „Hilfe bei der Selbsttötung“ gegen das Selbstbestimmungsrecht und sei damit verfassungswidrig. Doch damit nicht genug: Unter den vier Antwortmöglichkeiten fanden sich  – wie Glettler hervorgehoben hat – drei positiv formulierte Optionen mit der Befürwortung des VfGH-Urteils. Nur eine einzige Antwortmöglichkeit sprach sich gegen das Sterbehilfeurteil aus.

Auf die Frage „Wie soll sich das Parlament in Bezug auf Sterbehilfe nach dem jüngsten Entscheid des Verfassungsgerichtshof nun verhalten?“ wird als Antwortmöglichkeit vorgeschlagen: „…die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs akzeptieren und kein neues Gesetz verabschieden. Die derzeit geltenden Regelungen sind ausreichend.“ Damit wird unterstellt, es gebe bereits Regelungen zur Suizidbeihilfe, was aber nicht der Fall ist. Würde das Parlament bis zum 1. Jänner 2022 keine Regelung verabschieden, so gäbe es ab diesem Stichtag überhaupt keine Regeln zur Beihilfe zum Suizid.

Zudem fordert der VfGH in seinem Erkenntnis ganz klar eine gesetzliche Eingrenzung, um Missbrauch vorzubeugen. In der Umfrage wird somit suggeriert, es gäbe bereits ausreichende gesetzliche Regelungen. Auf dieser Basis gelangt sie zur Feststellung, wonach nur 11 Prozent der Befragten wollen, dass ein Gesetz verabschiedet wird, das den Zugang zu Sterbehilfe „wieder erschwert“.