Massive Explosionen in Dnipro, Charkiw, Saporoshje – und auch in der Geburtsstadt von Wolodymr Selenskyj: Russland hat eine neue Welle von Raketenangriffen auf die Ukraine gestartet. Dabei hat es unter anderem Einschläge in Krywyj Rih gegeben. Weitere Raketen seien noch im Anflug, teilte der Chef der Stadtverwaltung, Olexandr Wilkul, in seinem Telegram-Kanal mit.

In mehreren Gebieten, darunter in der Hauptstadt Kiew, wurde zudem von Explosionen berichtet, die von Raketen der Flugabwehr ausgelöst wurden. Über Schäden und mögliche Opfer wurde vorerst nichts bekannt. Schon in der Nacht hatte es russische Angriffe gegeben.

Bisher schwerster Raketenangriff

Der staatliche Energieversorger Ukrenerho teilte mit, dass es gewaltige Einschläge „in einige Objekte der Hochspannungsinfrastruktur“ im Osten, Westen und Süden des Landes gegeben habe. Deswegen gebe es Störungen bei der Stromversorgung. Laut Ukrenerho ist es die 14. derartige russische Angriffswelle auf das Energiesystem der Ukraine seit vergangenem Oktober.

Auch in Lwiw (Lemberg) nahe der polnischen Grenze soll die Flugabwehr mehrere russische Raketen abgewehrt haben. Dies berichtet die Ukrainska Pravda auf Twitter unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt, Andriy Sadovyj.

Zeitgleich vermeldet der britische Geheimdienst schwere Kämpfe in der Region Bachmut und Wuhledar – dort sollen russische Truppen und Wagner-Söldner immer weiter vorrücken.

All das deute auf den Beginn der lange erwarteten Großoffensive der russischen Streitkräfte hin, meinen Militärs und Geheimdienst in Kiew. Nach Angaben des ukrainischen Nachrichtendienstes hätte die russische Armee in den Regionen Luhansk und Donezk nun ihre Offensive gestartet, um den gesamten Donbass zu erobern.

In Kiew flüchteten die Menschen in die U-Bahn-Schächte.

Russische Armee will mit 1800 Kampfpanzern angreifen

Für diese Offensive hätte Moskau bis zu 500.000 Mann in den Bereitstellungsräumen versammelt. Außerdem seien dafür 1800 Kampfpanzer, 2700 Artilleriegeschütze, 810 Mehrfachraketenwerfer und 400 Kampfjets an der 1200 Kilometer langen Front zusammengezogen worden, zitiert das Foreign-Policy-Magazin Nachrichtendienst-Quellen.

Die Stoßrichtungen seien vorgegeben meinen auch österreichische Militärexperten – allerdings kursieren seit den vergangenen Tagen auch noch Gerüchte über eine massive amphibische Operation der russischen Armee im Raum Odessa. Damit würden Putins Truppen der Hauptstreitmacht der ukrainischen Verteidiger in den Rücken fallen, die sich dann bei einer nicht vorhandenen Luftüberlegenheit über weite offene Flächen zurückziehen und neu formieren müsste. Aktuell werde in der nun schon seit Monaten umkämpften Stadt Bakhmut der Rückzug vorbereitet: Die ukrainische Armee würde bereits Gebäude und beschädigte Fahrzeuge verminen, ist in der TASS zu lesen.

Selenskyj sieht Großangriff als "Herausforderung für die NATO"

Derzeit – Freitagnachmittag – sind im ganzen Land Sirenen zu hören. So, als würde die gesamte Ukraine unter dem russischen Großangriff heulen. Darauf reagierte Präsident Selenskyj mit dem Wunsch, jetzt die NATO in die Pflicht zu nehmen. Die jüngsten Angriffe auf sein Land seien als “Herausforderung für die NATO” zu verstehen. Das würde zweifelsohne eine noch größere Eskalation nach sich ziehen.

In drei Stoßrichtungen ist die Großoffensive der russischen Armee denkbar.
Eine der russischen Raketen schlug direkt im Zentrum Kiews ein.