Die Ukraine fordert und fordert, nicht ohne moralischen Zeigefinger, auch gegenüber Israel. Am Montag erklärte der ukrainische Präsident Wolodmyr Selenskyj auf einer Konferenz der israelischen Tageszeitung Haaretz vorwurfsvoll: „Die Allianz zwischen Russland und dem Iran wäre nicht zustande gekommen, wenn sich die israelische Führung bereit erklärt hätte, zum Schutz unseres Luftraums beizutragen“.

Kiew hätte gerne Israels Flugabwehr-System

Seit Beginn der Invasion hätte Selenlskyj gerne Israels Flugabwehr-System Iron Dome („eiserne Kuppel“) erhalten. Diesem Wunsch ist Jerusalem bisher zur Enttäuschung Kiews nicht nachgekommen. Nun erklärt Selenskyj in der Videobotschaft: Hätte sich Israel nicht entschieden, in diesem Konflikt neutral zu bleiben, wäre der Verkauf von Selbstmorddrohnen durch den Iran und die Bereitstellung von Militärausbildern für die russischen Streitkräfte in seinem Land nicht möglich gewesen.

Als die Hamas Israel mit Rakete angriff (l.), erwies sich die israelische Abwehr (r.) als sehr effektiv.

Nicht zum ersten Mal seit Beginn der Invasion beschwert sich Kiew lautstark bei Israel für die angeblich ungenügende Unterstützung. Näher besehen sind die ukrainischen Schimpftiraden ziemlich dreist.

Noch vor kurzem unterhielt Kiew beste Beziehungen zum Iran

Die meisten Israelis sind gegen eine militärische Unterstützung der Ukraine, wie Umfragen zeigen. Die israelische Politik hat nicht vergessen: Die Ukraine hat unter Präsident Selenskyj 23 Mal gegen Israel in der UNO gestimmt. Und das ist nicht das einzige, was sauer aufstößt.

Selenskyj (r.) mit UNO-Generalsekretär Antonio Guterres: In der UNO stimmte Kiew permanent gegen Israel.

Der ukrainische Botschafter in Israel Kornijtschuk forderte schon zu Beginn der Invasion, dass Israel alle Geschäftsbeziehungen zu Russland abbricht. Doch damals waren die Geschäftsbeziehungen der Ukraine mit dem Iran gerade um mehr als 30 Prozent gestiegen und erreichten fast zwei Milliarden Dollar. Die iranischen Exporte in die Ukraine stiegen um 40 Prozent.

Solange sich der Iran nicht am Krieg in der Ukraine beteiligt hat, interessierte sich Kiew nicht eine Sekunde für Teherans Unterstützung der Terrororganisation Hisbollah und für die iranischen Drohungen, Israel auszulöschen. Niemals war die Ukraine damals bereit, alle Geschäftsbeziehungen mit dem Iran einzustellen.

Irritierende Vergleiche mit dem Holocaust

„Was schuldet Israel der Ukraine?“, fragt der in Israel geborene US-Journalist Daniel Greenfield im FrontPage Magazine. Was in Israel gar nicht gut ankam: Präsident Selenskyj hat sich in seiner Kampagne gegen die russische Invasion wiederholt auf den Holocaust berufen. „Was nützt es, 80 Jahre lang ‚nie wieder‘ zu sagen, wenn die Welt schweigt, wenn eine Bombe auf denselben Ort wie Babyn Yar fällt“, twitterte er. Babyn Yar ist ein Gebiet in Kiew, in dem am September 1941 innerhalb von 48 Stunden mehr als 33.000 Juden ermordet wurden. Dies war das größte einzelne Massaker an Juden im Zweiten Weltkrieg,

Raketenangriff auf Babyn Yar

Zahlreiche ukrainische Nationalisten beteiligten sich am Holocaust

Greenfield kommentiert: „Eine bessere Frage wäre vielleicht, warum ein Land, dessen Volk für einen Großteil der Ermordung der Juden in Babyn Jar verantwortlich war, sich den Holocaust schamlos für seine Propaganda zu eigen macht.“ Tatsächlich hat die Ukraine die Beteiligung zahlreicher Bürger am Holocaust bis heute nicht aufgearbeitet. Sämtliche ukrainische Nationalisten beteiligten sich an den Massakern an Juden, auch in Babyn Jar.

Ukrainische Nationalisten marschieren im Jänner 2022 mit Fackeln und Plakaten mit dem Bild von Stepan Bandera durch Kiew.APA/AFP/Sergei SUPINSKY
Stepan Banderas Milizen waren maßgeblich an Progromen gegen Juden beteilgt.APA/AFP/Sergei SUPINSKY

Stepan Bandera und seine Schergen, die für die Ermordung von Zehntausenden von Juden verantwortlich waren, werden in der Ukraine als Nationalhelden gefeiert. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk hat in einem Skandal-Interview Banderas Verbrechen sogar schlicht geleugnet.

Ebenso äußerte sich auch Selenskyj: „Stepan Bandera ist für einen bestimmten Teil der Ukrainer ein Held, und das ist normal und cool. Er war einer derjenigen, die die Freiheit der Ukraine verteidigt haben“, argumentierte der jetzige Präsident vor einigen Jahren.

Der ukrainische Ex-Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk bestritt die unter Stepan Bandera begangenen Massaker an Juden und Polen.APA/AFP/Tobias SCHWARZ

Israel hilft – und erntet Kritik

Trotz jahrhundertelanger Massaker an Juden durch ukrainische Nationalhelden leistet der jüdische Staat Hilfe. Israel hat in der UNO für die Unterstützung der Ukraine gestimmt, obwohl die Ukraine wiederholt gegen Israel und für die Terroristen gestimmt hat. Ebenso wenig hat Selenskyj im vergangenen Jahr den Krieg der radikalislamischen Hamas gegen Israel verurteilt.

Die Ukraine hofft weiterhin auf Iron Dome.

Trotz der Hilfe für die Ukraine hat Botschafter Korniychuk Israel und die Israelis wiederholt beschimpft, weil sie angeblich nicht genug tun. Die jüngsten Vorwürfe Selenskyjs sind ein weiteres Beispiel für Kiews Haltung.

Dabei wird Israel der Ukraine nur zwar keine Waffen liefern, dafür aber das modernste Drohnenwarnsystem. Berichten zufolge stellen israelische Privatunternehmen der Ukraine auch Satellitenbilder russischer Truppenstellungen zur Verfügung. Doch Selenskyj sagt nicht danke: Er beschwert sich – und fordert und fordert.