Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Kremlchef Wladimir Putin in beschwichtigenden Worten zum Einlenken im Ukraine-Krieg aufgefordert. “Wir wollen keinen Weltkrieg”, schrieb Macron am Donnerstag in einer englischsprachigen Twitternachricht. “Wir helfen der Ukraine dabei, ihren Boden zu verteidigen, niemals aber dabei, Russland anzugreifen. Wladimir Putin muss diesen Krieg beenden und die territoriale Integrität der Ukraine respektieren.”

Nach Ansicht einiger lautstarker Ukraine-Unterstützer ist die Botschaft ein Skandal.

"Schwache, verängstigte Sprache"

Das Business Ukraine Magazin twitterte sofort: “Der beste Weg, einen Weltkrieg zu bekommen, ist, der Person, die mit einem Weltkrieg droht, zu sagen, dass man keinen Weltkrieg will.” Ein anderer Twitterer erklärte: “Genau diese Art von schwacher, verängstigter Sprache führt Russland zur Eskalation”.

Nach Ansicht des russischen Politikwissenschaftlers und Putin-Kritikers Sergej Sumlenny sind Macrons Tweets eine Einladung an Putin, die Ukraine erst recht zu zerstören. Wütend erklärt er auf Twitter: “Macrons wird – wenn er von Russen gelesen wird – folgendermaßen übersetzt: ‘Wir werden Russland vor jeglichem Schaden bewahren, die russischen Streitkräfte können die Ukraine weiterhin als Spielwiese der Zerstörung nutzen und ukrainisches Territorium zerstören, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Und eure nukleare Erpressung funktioniert’.”

Sumlenny war von 2015 bis 2021 Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew.

Macron zeigt "politische Inkompetenz"

Die in Kanada lebende ukrainische Twitterin meint: “Warum tun all diese führenden Politiker der Welt so, als wolle die Ukraine einen Weltkrieg? Wir haben nicht darum gebeten, einen Völkermord zu bekommen? Anstatt angemessen auf die Verbrechen Russlands gegen die Menschlichkeit zu reagieren, zeigen diese Leute ihre politische Inkompetenz in den sozialen Medien.”

Frankreich liefert gerade zahlreiche Waffen an die Ukraine

Die Erregung über Macron erfolgt, nachdem der französische Präsident am Vorabend weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt hat: “Caesar-Haubitzen zur Durchführung der Gegenoffensive, Radare, Systeme und Raketen zum Schutz vor Luftangriffen, gepanzerte Fahrzeuge und Ausbildung: Wir werden den ukrainischen Widerstand weiterhin unterstützen und unsere militärische Hilfe verstärken.”

Gleichzeitig hatte Macron am Mittwochabend in einem einstündigen TV-Interview auf France 2 unterstrichen, dass er jederzeit bereit sei, mit dem Kremlchef zu reden. “Jedes Mal wenn es nötig ist, werde ich mit Wladimir Putin reden und irgendwann, ich hoffe so früh wie möglich, müssen alle Beteiligten an einen Verhandlungstisch zurückkehren, und es wird Friedensverhandlungen geben mit der Ukraine auf der einen Seite und Russland auf der anderen Seite.”

Macron würde auf einen taktische Nuklearwaffen-Angriff nicht reagieren

Auch mit einer anderen Aussage in dem Interview hat Macron seine Kritiker auf die Palme gebracht. Der französische Präsident unterstrich: Frankreich würde nicht mit Atomwaffen reagieren, sollte Russland diese taktisch gegen die Ukraine einsetzen. “Unsere Doktrin stützt sich auf die grundlegenden Interessen der Nation. Sie sind klar definiert und wären nicht direkt betroffen, wenn es zum Beispiel einen ballistischen Atomangriff in der Ukraine oder in der Region gäbe”, sagte Macron am späten Mittwoch in dem Live-Interview auf dem öffentlich-rechtlichen Sender.

Sumlenny attackierte Macron auch dafür scharf: “Wir müssen verstehen: Präsident Macron hat Putin wirklich dazu eingeladen, die Ukraine mit Atomwaffen zu bombardieren, wenn Macron diese Worte benutzt. … Was für ein Narr.”