Ukrainer sollen den Behörden künftig bei der Jagd nach russischen Spionen helfen. Wer beim Bespitzeln mithilft, dem winkt eine finanzielle Belohnung. Verkündet wurde das öffentlich per Video von Oleksandr Wilkul, Leiter der Militärverwaltung von Krywyj Rih. Er verspricht darin all jenen einen Lohn, die auch nur Informationen über Spione und Verräter bereitstellen.

Auch pro-russische Agitatoren sollen aufgespürt werden

“Ich garantiere es: Wenn ein echter Spion aufgrund Eurer Informationen verhaftet wird, werde ich der Person, die uns die Informationen geliefert hat, persönlich 50.000 Griwna (1323 Euro) zahlen”, unterstreicht der ukrainische Politiker. Wichtig sei ein Beweis, etwa eine Audio- oder Videoaufnahme. Wenn es auch nur ein Agitator für die “russische Welt” ist – kein Spion im strengen Sinne, winken 10.000 Griwna. Das sind gerade einmal 265 Euro. “Solche Leute sind in der Tat auch feindliche Agenten mit Einfluss.”

Seit 2021 liegt der gesetzliche Mindestlohn in der Ukraine bei 6500 Griwna pro Monat, was zurzeit 172 Euro entspricht. Man sieht: Bespitzelung zahlt sich in der Ukraine zurzeit aus.

Einst galt Oleksandr Wilkul als pro-russisch. Nun jagt er alle russischen Spione und "Verräter".

Vom pro-russischen Politiker zum Gegner Putins

Pikantes Detail am Rande: Bis zum Beginn der Invasion galt Oleksandr Wilkul als russland-freundlich. Jahrelang war er der Bösewicht ukrainischer Nationalisten, weil er kulturelle Veranstaltungen im sowjetischen Stil mit russischen Liedern förderte. Selenskyj und Wilkul waren vor Beginn der Invasion politische Gegner. Der Kreml war davon überzeugt, Wilkul würde sich nach dem 24. Februar den pro-russischen Kräften anschließen. Das war in Irrtum.

Kandidat russland-freundlicher Parteien

Oleksandr Wilkul saß zunächst 2006 als Abgeordneter der Partei der Regionen im Parlament. Ab 2010 war er Gouverneur der Oblast Dnipropetrowsk, ab 24. Dezember 2012 stellvertretender Ministerpräsident der Ukraine. Bei der Parlamentswahl 2014 trat Wilkul auf Listenplatz zwei des Blocks der Opposition, einer Listenverbindung prorussischer Parteien, an.

Bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019 trat Oleksandr Wilkul als pro-russischer Kandidat gegen Wolodymyr Selenskyj an. APA/AFP/Sergei SUPINSKY

Am 24. Februar wechselte Wilkul die Seiten

Am 24. Februar, einen Tag nach Beginn der Ukraine-Invasion, erhielt Wilkul einen Anruf von einem Ministerkollegen einer früheren, prorussischen ukrainischen Regierung. “Unterschreibe ein Freundschafts-, Kooperations- und Verteidigungsabkommen mit Russland und sie werden gute Beziehungen zu dir haben”, sagte der ehemalige Kollege. “Du wirst eine wichtige Person in der neuen Ukraine sein.”

Das Angebot scheiterte spektakulär. Wilkul beschimpfte ihn als Verräter und legte auf. Sobald der Krieg begonnen hatte, sagte Wilkul, sei die Grauzone in der ukrainischen Politik für ihn verschwunden. Der Einschlag von Raketen in seiner Heimatstadt machte die Entscheidung klar: Er würde zurückschlagen.