Reporterlegende Seymour Hersh (85) lässt im Interview mit eXXpressTV keinen Zweifel daran: Was er über die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines geschrieben hat, das ist tatsächlich so geschehen. Dessen ist sich der Starjournalist ganz sicher: „Ich weiß, was ich geschrieben habe, ist wahr. Ich weiß, es ist richtig. Ich kenne die Treffen, die ich beschrieben habe, und die Details über das, was in Norwegen passiert ist. Ich beschäftige mich seit 50 Jahren mit Geheimdiensten.“

US-Marinetaucher haben demnach die Sprengsätze an den Nord-Stream-Pipelines angebracht, auf Befehl des US-Präsidenten. Eine Arbeitsgruppe des CIA soll sich den Plan ausgedacht haben.

Seymour Hersh im Interview mit eXXpress-Redakteur Stefan BeigeXXpressTV

Dabei macht der Pulitzer-Preisträger deutlich, dass er mehr weiß, als er veröffentlicht hat: „Biden hat die Sprengung autorisiert. Und die Beteiligten wissen, was er getan hat“, versichert er gegenüber dem eXXpress. „Sie wissen, welche Befehle kamen. Ich weiß viel mehr darüber, als ich sagen will. Aber ich muss Leute beschützen, die mit mir sprechen.“

Auch auf die neue Nord-Stream-Version, die von der „New York Times“ und den deutschen Medien im März veröffentlicht wurde, geht Hersh ein: „Die Geschichte über eine Yacht, die zum Tiefseetauchen verwendet wurde: Das ist so dumm, unglaublich. Das ist eine verrückte Geschichte ohne Quellen.“

Norwegen sei bei der Durchführung des Anschlags sehr hilfreich gewesen, sagt Hersh im eXXpress-Interview.eXXpressTV

US-Medien wollen Biden nicht kritisieren

Hart ins Gericht geht Hersh mit der Medienlandschaft in den USA: „Wenn 90 Prozent der Redakteure gefeuert würden, wären wir viel besser dran, weil sie solche Angst haben, etwas Kritisches über Biden zu schreiben. Sie glauben, dass sie einen Republikaner damit wieder ins Amt des Präsidenten verhelfen.“

Eine CIA-Arbeitsgruppe beschloss Tiefseetaucher die Operation ausführen zu lassen, und zwar Absolventen des U.S. Navy’s Diving and Salvage Centers, schreibt Seymour Hersh in seinem Artikel.eXXpressTV

Der legendäre Journalist, der selbst für die „New York Times“, die „Washington Post“ und das „New Yorker Magazine“ geschrieben hat, sympathisiert selbst mehr mit den Demokraten als mit den Republikanern, vor allem wenn es um Sozial-, Umwelt- und Einwanderungspolitik geht. Sein Urteil über Bidens Außenpolitik fällt allerdings vernichtend aus: „Ich bin nicht sehr überzeugt vom Präsidenten und seinem außenpolitischen Personal. Ich finde sie sind sehr engstirnig. Alles, was sie getan haben, ist so schlecht über Russland und China zu reden, dass sie beide zusammengeschweißt haben.“ Vor den Kopf gestoßen ist Hersh auch über Bidens Politik gegenüber Europa und über den Ukraine-Krieg.

Hersh: „Biden beschloss im September die Pipelines zu sprengen. Er hatte Angst, dass der deutsche Bundeskanzler die Gaslieferungen wieder aufnehmen würde.“eXXpressTV

„Biden signalisierte den Westeuropäern: Wenn sie nicht den ganzen Weg gehen wollen, werden wir sie nicht das Gas öffnen lassen. Wir werden ihnen die Fähigkeit nehmen, ihre Stuben warm zu halten. Das hat er getan. Und der Preis dafür wird in Europa sehr hoch sein“, sagt Hersh. „Europa wird nicht das Gas haben, das es braucht, und Sie werden mehr dafür bezahlen müssen.“

Der Krieg in der Ukraine laufe nicht gut. Hersh rechnet nicht mit einem Sieg Kiews, im Gegenteil. „Russland wird diesen Krieg gewinnen.“ Deshalb stecke Biden nun „in Schwierigkeiten. Etwas läuft falsch und es ist nicht gut. Und das versuche ich mit meiner Berichterstattung aufzudecken.“ Der Präsident „lügt darüber, was er unter Wasser getan hat. Er hat die Sprengung autorisiert.“

Seymour Hersh, 85, ist ein weltberühmter Investigativjournalist, und das seit mehr als einem halben Jahrhundert. In seiner Karriere hat er mehrmals unter Beweis gestellt, dass er vor fast nichts zurückschreckt, um an explosive Informationen zu gelangen.

Internationale Anerkennung erlangte Hersh erstmals 1969 mit der Aufdeckung des „My Lai Massakers“ in Vietnam. Die US-Armee hatte dabei während des Vietnamkriegs 504 Zivilisten ermordet. Erst durch Hersh’ Recherchen erfuhr die Öffentlichkeit davon. Zunächst hatten sämtliche Medien eine Veröffentlichung der Reportage abgelehnt. 1970 wurde Seymour Hersh für sie mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Im Laufe seiner langen Karriere schrieb Hersh für die „New York Times“, die „Washington Post“ und das „New Yorker Magazine“. Er erhielt noch zahlreiche weitere Preise, darunter fünfmal den George Polk Award, sowie den National Magazine Award und den National Book Critics Circle Award.

In den 1970er Jahren berichtete Hersh über den Watergate-Skandal, die geheime US- Bombardierung Kambodschas und ein Programm der CIA zur Inlandsspionage. Im Jahre 2004 berichtete er über die Folterpraktiken und Misshandlungen von Gefangenen in Abu Ghraib im Irak. In den vergangenen zehn Jahren erregte Hersh vor allem mit seinen Veröffentlichungen über die Giftgasangriffe in Syrien und die Tötung von Osama bin Laden breite Aufmerksamkeit. Im Februar dieses Jahres erlangte er schließlich mit seinen Enthüllungen über den Anschlag auf die Nord- Stream-Pipelines nochmals breite Aufmerksamkeit.