Europa steht noch immer unter Schock. In der ukrainischen Stadt Bucha haben Putins Truppen wehrlose Zivilisten ermordet, und dann verbrannt, verstümmelt, vergraben. Mittlerweile berichten die ersten Augenzeugen über das Geschehen.

"Sie zerstörten unser halbes Haus"

Irina Abramova (48), deren Ehemann erschossen wurde, schildert der “Bild” ausführlich, was geschehen ist. Sie macht auch Angaben über die Truppen.

“Es war der 5. März. Wir waren zu Hause in unserer Doppelhaushälfte. Plötzlich hörten wir eine Explosion: Sie zerstörten unser halbes Haus. Dann begannen sie, durch die Fenster zu schießen. ‘Kommt raus’, riefen sie.” Ihr Ehemann Oleg (40) ging hinaus und sagte: “Schießt nicht! Hier sind nur Zivilisten”. Die Soldaten sagten “Hände hoch”.

Nun verließ auch Irina das Haus. “Sie fragten mich, warum ich mich versteckte. Ich sagte ‘Wir haben Angst. Und ihr schießt’. Sie sagten: ‘Seht, wir sind Russen. Wir haben ein Sankt-Georgs-Band (russisches Militär-Abzeichen). Wir kommen, um euch zu befreien.'”

Die Truppen fragten nach den "Nazis"

Dann begann das Haus zu brennen. “Oleg versuchte, das Feuer zu löschen”, berichtet Irina. “In dem Moment packten sie ihn, zogen ihm den Pullover ab, drückten ihn auf die Knie und schossen ihm in den Kopf. Dann begannen sie, mich zu verhören. Sie fragten mich: ‘Wo sind die Nazis?’“

Die Witwe erzählt der “Bild” weiter: “Ich sagte ihnen, sie sollten auch mich töten. Ein Kämpfer zielte mit seiner Waffe auf mich. Ich sagte: ‘Töte mich und meine Katze’. Während er noch mit der Waffe auf mich zielte, sagte er, er würde keine Frauen töten.” Irina sagt: “Mein Mann wurde 40 Jahre alt, er hat seinen Geburtstag am 14. März nicht mehr erlebt. Er lag dort, wo sie ihn erschossen haben, bis wir sicher waren, dass die Soldaten weg waren.

Irina zufolge waren es tschetschenische Kämpfer

“Sie suchten Nazis, wollten die Adresse von Nazis haben”, berichtet Irina weiter. “Es müssen Kadyrowzy-Kämpfer gewesen sein (paramilitärische Kämpfer-Einheit aus Tschetschenien), weil sie den Buchstaben V trugen. Und wir sahen in ihren Gesichtern, dass es keine Russen waren. Außerdem sprachen sie mit Akzent.”

Danach hat ein Scharfschütze auf die Menschen geschossen, erzählt sie. “Wir konnten die Stadt einen Monat lang nicht verlassen, bis die Russen abgezogen sind. Wir konnten Wasser holen. In der Stadt gab es einen Checkpoint. Sie zwangen uns, unsere Handys abzugeben. Ich habe ihnen gesagt: ‘Wir haben nichts mehr, ihr habt uns alles genommen’.”

"Unser gesamtes Hab und Gut ist verbrannt"

“Schließlich haben sie uns aus der Stadt vertrieben und gesagt ‘Kommt niemals zurück!’ Sie machten uns für den Tod ihrer Kameraden verantwortlich. Wir sagten: ‘Wir sind alte Menschen, was haben wir euch getan?’ Sie erwiderten: ‘Ihr habt den Präsidenten gewählt, ihr habt Nazis an die Macht gelassen. Ihr habt die Maidan-Proteste gestartet’. Ich war nicht dabei, aber sie haben mich für alles verantwortlich gemacht.”

Irinas Vater Wladimir (72) sagt: “Unser gesamtes Hab und Gut ist verbrannt, Dokumente, alles, was wir hatten. Sie sagten, sie seien Russen und gekommen, um uns zu befreien. Sie haben Oleg herausgezerrt, auf die Knie gezwungen und ihm seitlich in den Kopf geschossen. Sein halber Kopf wurde zerfetzt.”