28.000 größere Windkraftanlagen sind in Deutschland in Betrieb. Niemand weiß, wie viele davon rentabel sind. Deutschlands Betreiber von Windparks hüten deren Auslastung „wie ein Staatsgeheimnis“, schreibt die NZZ. Daher hat die Schweizer Tageszeitung die Auslastung mit Hilfe einer Simulation bei 18.000 dieser Anlagen untersucht und berechnet. Dafür hat sie „stündliche Wetterdaten über einen Zeitraum von zehn Jahren ausgewertet“.

Das Ergebnis ist ernüchternd, teils sogar erschütternd.

Sämtliche Anlagen nur durch Förderungen überlebensfähig

Ohne eine gewisse Auslastung ist eine Anlage nicht wirtschaftlich. Nach Ansicht des Leiters des Stuttgarter Lehrstuhls für Windenergie, Po Wen Cheng, braucht es dafür eine Auslastung von etwa 30 Prozent. Nach Recherchen der NZZ haben gerade einmal 15 Prozent der Anlagen eine Auslastung von mehr als 30 Prozent. Würde man darüber hinaus noch berücksichtigen, dass Windräder wegen Lärm- und Umweltschutz-Vorschriften oft abgeschaltet werden, dürfte der Anteil noch geringer sein.

Bei knapp einem Viertel der untersuchten Windräder liegt die Kapazität bei weniger als 20 Prozent. „Überlebensfähig sind solche Anlagen nur dank des deutschen Fördersystems, das auch schlechte Standorte belohnt“. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Auslastung der Windräder gerade einmal 24 Prozent.

Wo die Industrie ist, dort bläst kein Wind

Noch bedenklicher wird die Situation, wenn man berücksichtigt, wie die Windräder geographisch verteilt sind. Am meisten Strom wird nämlich dort benötigt, wo sich deutsche Industrie befindet. Das Problem: Der Wind orientiert sich nicht nach den Standorten der Industrie. Er bläst vor allem im Norden, weshalb sich auch dort der Großteil – 83 Prozent – der gut ausgelasteten Windanlagen befindet.

Die Industrie liegt aber vor allem im Ruhrgebiet und in den südlichsten Bundesländern – Bayern und Baden-Württemberg. In diesen Regionen ist auch die Stromlücke am größten. Doch speziell der Süden ist besonders windarm, weshalb die schlecht ausgelasteten Windanlagen auch primär dort angesiedelt sind. Während in Schleswig-Holstein, Deutschlands nördlichstem Bundesland, die Auslastung der Windräder durchschnittlich 31 Prozent beträgt, sind es im windarmen Baden-Württenberg nur 17 Prozent.

Deshalb werden nun riesige Stromtrassen gebaut, die den Strom dorthin transportieren, wo er tatsächlich gebraucht wird, berichtet die NZZ.

Es finden sich kaum Investoren

Wenig Gutes lässt das für die Zukunft erwarten, wenig Gutes verspricht daher Deutschlands Energiepolitik. Bis Ende 2023 sollen alle Bundesländer zwei Prozent ihrer Fläche für Windkraft reservieren – trotz dieser enormen Unterschiede. Die NZZ bezweifelt, dass sich dafür Investoren finden werden. Gerade im Süden, wo Strom am dringendsten gebraucht wird, will kaum jemand investieren. Verwunderlich ist das nicht.