“Über Geld spricht man nicht, Geld hat man”, erklärte Wiens Ex-Bürgermeister Michael Häupl einst. Seine SPÖ-Parteigenossin Ulli Sima (53) dürfte sich dieses Motto zu Herzen genommen haben. Als sie noch die Geschicke der MA 48 (Abfallwirtschaft) leitete, saß das Geld der Steuerzahler jedenfalls sehr locker.

Ohne Konzept, ohne Ziel, aber mit gutem Essen

Zwischen 2017 und 2019 hielt die MA 48 ingesamt 25 “Mitarbeitendeninformationsveranstaltungen” ab. Unter dieser sperrigen Bezeichnung verbergen sich Events, die mehrheitlich eines gemeinsam haben – nämlich dass sie nichts mit Abfall oder Entsorgung zu tun haben. Ob die Veranstaltungen letztlich dazu dienten, Mitarbeiter zu informieren, können die Rechnungshof-Prüfer nicht feststellen. Es gab einfach kein schriftliches Konzept und kein erklärtes Ziel der Events.

Wusste ihre Mitarbeiter stets zu bespaßen: Stadträtin Ulli Sima (SPÖ)

Ein Buffet für 41.000 Euro

Drei der teuersten Veranstaltungen sah sich der Rechnungshof genauer an. So zum Beispiel jenes Happening vom 13. September 2017, das den Steuerzahler 55.000 Euro kostete. 850 Personen kamen damals zusammen – wozu, lässt sich auch im Nachhinein nicht mehr rekonstruieren. Gut möglich, dass es das Buffet war, das die Teilnehmer angezogen hatte. Immerhin beliefen sich die Bewirtungskosten auf stolze 41.258,70 Euro. Das Essen und die Nachspeise schlugen mit 20.520 Euro zu Buche, die Getränke kamen auf 8993,70 Euro. Macht also 48,50 Euro pro (hoffentlich in der Folge zumindest gut informierten) Mitarbeiter.

Organisieren ließ man sich die Veranstaltung von der Stadt Wien Marketing GmbH, die dafür 10.053 Euro in Rechnung stellte. Neben einer Bühne samt Beleuchtung gab es aber dafür auch Blumen. Auch Fotos wurden gemacht, was aber freilich 3152 Euro extra kostete.

Nimm ein Sackerl für 38.858 Euro

Tatsächlich um Müll ging es unterdessen wenigsten beim Budget-Posten “Wiesen-Stecker mit den Sujets Hund und Taube”.  Mit 38.858 Euro finanzieren die Wiener die kleinen Bilder des lieben Hundes, der in vielen (und seien es auch noch so kleine) Grünflächen dazu mahnt, doch ein Sackerl für seine Hinterlassenschaft zu verwenden.

Ein Selfie mit Arnie - 15.000 Euro

Über das 15.000 Euro teure Foto mit Arnold Schwarzenegger hat der eXXpress bereits berichtet. Aber auch wer ein “Mistfest” der MA 48 besuchte, wollte natürlich eine bleibende Erinnerung. Und Simas Team erfüllte diesen Wunsch. Die Beauftragung einer Selfie-Funktion für die hauseigene App ließ man den Steuerzahler mit 25.207 Euro finanzieren. Zu diesem Posten gab man übrigens bekannt, erklärt der Rechnungshof, dass die Ausgaben dem Bereich IKT zugerechnet wurden und somit bewusst nicht im Bereich Öffentlichkeitsarbeit vorkommen.

Ein Selfie beim "Mistfest"? Simas Team machte das in der App möglich

Coole Events im Sommer und im Winter

Selfies mit Hollywoodstars oder Müllautos sind nicht das einzig Coole, das sich Sima für die Bürger überlegt hat. Die Prüfer des Wiener Stadtrechnungshofs fanden Rechnungen aus dem Jahr 2018, die ihrer Meinung nach dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zuzurechnen gewesen wären. Dazu zählt etwa die Anmietung einer Eisstockbahn (samt Holzstöcken) um das “Winter Opening der Marxer Alm” zu feiern. Kosten: coole 6720 Euro. Wem das zu kalt war, der hatte vielleicht an einem Tag mehr Freude, als die Magistratsabteilung 48 zum Beispiel eine Sommerrodelbahn um 1066 Euro anmietete.

Ein Foto mit einem Hollywoodstar. Die Wiener bezahlten - und ließen diesen Traum wahr werden.

Jährlich 100.000 Euro für Inserate für Mistfest

Ganz generell zweifelt der Rechnungshof an, dass die MA 48 die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit befolgt hat. Ein Beispiel: “So wurden für Veranstaltungen und Catering eine Vielzahl an Ausgaben getätigt, bei denen es sich für den Stadtrechnungshof Wien nicht erschloss, dass diese in dem Ausmaß erforderlich waren. Zum Beispiel wurden für die Öffentlichkeitsarbeit im Zuge des jährlich stattfindenden und in der öffentlichen Wahrnehmung etablierten Mistfestes in den Betrachtungsjahren 2017 bis 2019 jährliche Ausgaben von und 100.000 Euro für Inseratenschaltungen in mehreren Tageszeitungen ausgegeben.”

Scharfe Kritik kommt von der Opposition: “Es ist unfassbar, dass bei der MA 48 unter dem Deckmantel der Öffentlichkeitsarbeit Millionen ausgegeben wurden und keiner weiß, wofür”, kritisiert der Wiener FPÖ-Chef, Stadtrat Dominik Nepp. “Offensichtlich wurden hier die wirklichen Ausgaben verschleiert.”

Dominik Nepp: “Das wirft strafrechtliche Fragen auf”

Ein besonderer Skandal sind für ihn die Ausgaben von rund 400.000 Euro für Oldtimer-Fahrzeuge. So leistet sich die MA 48 derzeit 38 Oldtimer bzw. Museumsstücke. Es gebe keine Informationen darüber, in welcher Höhe Personalkosten durch die Restaurierung und Erhaltung angefallen sind. Für den Stadtrechnungshof erschließt sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Oldtimer-Sammlung nicht.

"Kehrforce": Aber auch die Opposition geht angesichts der hohen Ausgaben in die Luft