Die vier Beweisthemen wurden in acht Kapiteln auf 500 Seiten festgehalten. Das ist der vorläufige Schlussbericht, der auf Vorschlag von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka an die Fraktionen im U-Ausschuss des ÖVP-Korruptionsunterschungsausschusses übergeben wurde. Zwei Empfehlungen, die sich darin finden: die Schaffung einer weisungsfreien und unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft, sowie „nicht öffentliche“ Ermittlungsverfahren nach deutschem Vorbild. Angeregt wurden auch gesetzliche Schutzmaßnahmen für private Nachrichten, wie Chats und Handydaten, aber auch die Verabschiedung eines umfassenden Informationsgesetzes.

Von Opposition erhoffter Eklat blieb aus

Ein politisches Beben, wie von der Opposition erhofft, blieb aus. „Urteile“, im eigentlichen Sinn des Verfahrensrichters gibt es darin nämlich keine. Zur ÖVP-Inseratenaffäre wird festgehalten: „Auskunftspersonen erklärten, keine Wahrnehmungen hierzu zu haben. Auch wenn die Vermutung der Weitergabe durchaus naheliegend wäre, fand sich im Ausschuss kein konkreter Hinweis, dass Weitergaben von durch Ministerien bezahlte Umfrageergebnisse an die ÖVP erfolgt wären.”

Benno blieb verschont – bei Investor Siegfried Wolf Hinweis auf Korruption

Ähnliches ist zum Justizstreit zu lesen: „Eine systematische, politisch motivierte Einflussnahme auf Ermittlungsverfahren durch mit der ÖVP verbundene Personen und eine sich daraus ergebende politische Verantwortlichkeit waren daher im Ergebnis nicht feststellbar.” Ebenfalls keine Hinweise zur absichtlichen Verzögerung der Aktenlieferung an den Ibiza-U-Ausschuss, um den damaligen Ressortchefs Gernot Blümel (ÖVP) zu schützen.

Auch Immobilieninvestor Rene Benko kommt recht amikal davon. Auffälligkeiten konstatierte der Richter schon, aber die seien zu gering, um daraus Schlüsse auf Hinweise zur Korruption zu ziehen. Etwas schärfer wurde dann Siegfried Wolf angegangen. Im Fall des Investors lägen „ausreichend Anhaltspunkte vor, die Korruption jedenfalls im Sinn politischer Einflussnahme und Verantwortlichkeit nahelegen” – hieß es in dem Bericht.

Fragwürdiger Nachgeschmack bei Chats von Schmid und Schipka

Zu den Side-Lettern der Regierungen “Kurz I und II” wurde festgehalten, insbesondere was die Besetzungen von Verfassungsrichtern angeht, dass „nicht der Anschein von Korruption” vorlag, da die in den Side-Lettern getroffenen Vereinbarungen die Umsetzung dieser verfassungsrechtlich vorgesehenen Kompetenzen betrafen. Einen „fragwürdigen Nachgeschmack” hält der Richter in Bezug auf die Gespräche zwischen dem ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, und dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, bezüglich der Streichung steuerrechtlicher Privilegien der Kirche fest.

Zwar blieb ungeklärt, in welcher Stimmung das Treffen tatsächlich stattgefunden habe, aber die Chats zwischen Schmid und Ex-Kanzler Sebastian Kurz deuteten darauf hin, dass mittels zumindest angedachter oder angedeuteter Konsequenzen die Kritik am Kurs der Regierung “klein gehalten oder allenfalls zum Verstummen gebracht werden sollte”. Abschließend hieß es, dass Förderungen für Non-Profit-Organisationen wie des ÖVP-Seniorenbundes, vom Ausschuss nicht als Korruption zu klassifizieren seien.