Ein Blitz-Parteitag mit einer Kurz-Rede – also einer sehr kurzen Rede des neuen ÖVP-Chefs Karl Nehammer (49), denn der Vorgänger in dieser Funktion, Sebastian Kurz, darf nur in einem Interview auf der Bühne brav Fragen beantworten: Um 13.30 Uhr geht’s in der ­Helmut-List-Halle in Graz vor 1000 Delegierten los, um 16 Uhr soll es schon wieder vorbei sein.

Dazwischen die lange erwartete und von der Parteizentrale zum Kurz-Interview gekürzte Kurz-Rede, die von der Parteiführung nun als „Verabschiedung“ bezeichnet wird.

Und natürlich der Höhepunkt: Die Rede des Kanzlers. Sie soll nur 30 Minuten lang sein, was ÖVP-Veteranen bereits zu launigen Kommentaren provoziert hat: “Ob die Delegierten in nur einer halben Stunde wieder voll zu motivieren sind?” Bei einem eXXpress-Rundruf unter bekannten ÖVP-Funktionären hoffen jedenfalls alle, dass “Nehammer die Partei noch vor einem Abrutschen unter 20 Prozent rettet”, alle wollen, dass “es jetzt wieder aufwärts geht”. O-Ton eines Wiener ÖVP-Insiders: “Ein weiteres Abrutschen wäre ein absolutes Desaster.”

Nehammer selbst hat sich die Latte für einen Parteitagserfolg ja bekanntlich niedrig angesetzt: Jedes Ergebnis über 75,3 % – also über dem Ergebnis von Rendi-Wagner 2021 – sei gut, meinte er lächelnd. Es wird wohl etwas mehr sein – exxpressTV berichtet live vom Bundesparteitag.

Karl Nehammer mit Sebastian Kurz.

Kann Nehammer die Trendwende schaffen?

Für Karl Nehammer wird’s aber absolut nicht leicht, eine Trendwende für die ÖVP und auch einen Stimmungsumschwung in der österreichischen Bevölkerung zu schaffen: An der Partei klebt als (unfaire) Dauer-Vorverurteilung der Korruptionsverdacht, die WKStA ermittelt ja gerne und oft gegen ÖVP-Politiker, aber eben nur selten gegen SPÖ-Mitglieder (und schon gar nicht gegen Wiener SPÖler).

Dazu kommen nun auch die Turbulenzen der Regierungsumbildung und unglückliche Aussagen zu einer gewünschten Abschöpfung von “Übergewinnen” bei börsennotierten Unternehmen. Zitat eines Wirtschaftstreibenden: “Noch nie zuvor hat ein Politiker in so kurzer Zeit so viel an Börsenwert pulverisiert.” Er kritisierte deutlich, dass Nehammer etwa mit dem Interview und der Übergewinn-Abschöpfungs-Aussage einen Börsenwert von 5 Milliarden Euro bei österreichischen Unternehmen vernichtet hat.

Riesenjubel: Karl Nehammer

Und noch ein gewaltiges Problem hat Karl Nehammer: Einige Eigentümer von Medienhäusern sollen ihn laut Insidern im Kanzleramt massiv unter Druck setzen. Diese Produzenten alter, teurer und langsamer Papierzeitungen wollen von der Regierung noch mehr Geld. Sie klagen über zu wenig Schaltungen der Politik, über ihre extrem hohen Personalkosten – aber vor allem über die gestiegenen Papierpreise.

Der Kanzler soll mit Negativ-Storys über ihn und die ÖVP sogar so weit unter Druck gesetzt worden sein, dass sogar überlegt wird, eine Papierförderung (!) einzuführen – also eine Steuergeld-Verteilung an alle Papierzeitungs-Unternehmen, die damit dann weiter Wälder für ihre Publikationen fällen lassen können. Und das im Jahr 2022.

Die Gegner des Kanzlers attackierten sogar seine Gattin: Karl und Katharina Nehammer.

Kann Karl Nehammer die ÖVP wieder auf mehr als 30 % bringen?