Wer bestimmt heute eigentlich die Außenpolitik Deutschlands? SPD-Kanzler Gerhard Schröder (1998-2005) behandelte seinen grünen Außenminister Joschka Fischer seinerzeit wie einen Untergebenen und beanspruchte die Führungsrolle für sich. O-Ton Schröder: „Der Größere ist Koch, der Kleinere ist Kellner.“ CDU-Kanzlerin Angela Merkel (2005-2021) handhabte es ähnlich. Zwischen dem aktuellen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) jedoch sind die Kräfteverhältnisse nicht so klar abgesteckt.

Recherchen der “Zeit” und des “Spiegel” lassen darauf schließen, dass Scholz und Baerbock ernsthaft über Kreuz liegen. Der “Riss” (“Zeit”) reiche so tief, heißt es, dass die außenpolitische Verlässlichkeit Deutschlands auf Dauer infrage stehe. Die beiden belauerten sich und lästerten übereinander, berichtet der “Spiegel”, sie hintertrieben die Politik des jeweils anderen und redeten nur noch miteinander, wenn es unbedingt notwendig sei, schreibt die “Zeit”. Die Loyalität der grünen Ministerin zu ihrem Chef sei inzwischen mehr als fraglich. “Sie treibt ihn in den Wahnsinn, und er sie auch”, sagen Insider.

Scholz und Baerbock überwerfen sich in Panzerdebatte

Besonders deutlich war die Zwietracht zwischen Scholz und Baerbock in der Debatte um die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine zu sehen. Während Baerbock bei fast jeder Gelegenheit darauf pochte, dass Deutschland Leopard-2 an die Ukraine liefern müsse, stieg Scholz jedes Mal auf die Bremse – bis er letztlich entnervt ein Machtwort sprach.

Scholz, heißt es, soll Baerbock nach ihrem wiederholten Vorstoß in der Panzer-Frage aufgefordert haben, in der Öffentlichkeit den Mund zu halten. Er werde zu gegebener Zeit eine Entscheidung treffen, Punkt. Seither soll das Verhältnis zwischen dem Kanzler und seiner Außenministerin auf dem Tiefpunkt sein. Zur Erinnerung: Scholz entschied sich letztlich dann doch für die Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine.

Bevor Annalena Baerbock um das Kanzleramt ins Rennen gehen kann, muss sie bei den Grünen zuerst Robert Habeck aus dem Feld schlagen

Baerbock hat es offenbar auf das Kanzleramt abgesehen

Wie der „Focus“ berichtet, ist es in Berlin bereits seit Langem ein offenes Geheimnis, dass Baerbock auf das Kanzleramt schielt. Dem Vernehmen nach will sie Scholz nach der nächsten Wahl dort beerben. Allerdings müsste sie parteiintern zunächst Wirtschaftsminister Robert Habeck ausstechen, erst dann käme Scholz an die Reihe.

Im Politiker-Ranking der beliebtesten Politiker Deutschlands lag Habeck Ende Jänner auf Platz drei, Baerbock auf Platz vier und Scholz auf Platz sieben. Populärster Politiker war Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), dahinter folgte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).