Kraft & Co. heben ab: Skispringer starten in die nächste Corona-Saison
Für Österreichs Skispringer wird es ein Winter der vielen Chancen und zugleich der Start in die Olympia-Saison. Der Startschuss erfolgt für die Männer am 20./21. November mit zwei Einzel-Weltcupbewerben in Nischnij Tagil (Russland). Die Corona-Pandemie wird ein ständiger Begleiter sein. Diese soll allerdings diesmal nicht zum Spielverderber werden.
Es wird eine spannende Saison. Auch, weil die Olympischen Spiele in Peking im Februar anstehen. Allerdings wird es für die ÖSV-Adler die erste Saison ohne Gregor Schlierenzauer, der im September sein Karriereende bekanntgegeben hat. Auch Corona wird ein ständiger Begleiter sein. “Wir haben Voraussetzungen geschaffen, um das Corona-Risiko zu minieren”, sagte Mario Stecher angesichts der wieder düsteren pandemischen Lage. Im Männer-Team, das sich im Vorjahr früh fast komplett mit Corona infiziert hatte, seien bis auf einen B-Kader-Athleten alle Springer geimpft, so der ÖSV-Sportchef für Ski nordisch. “Ich glaube, diese Durchimpfungsrate würde man sich österreichweit und weltweit aktuell wünschen. Gleichzeitig wissen wir, dass Maske tragen definitiv etwas bringt, das werden wir auch so vorexerzieren”, sagte Stecher am Donnerstag nach dem Training auf der Bergiselschanze.
Angesichts der hohen Inzidenzwerte im Land werden die Springer bis zur Abreise nach Russland am kommenden Mittwoch Kontakte reduzieren. “Treffen nur noch mit dem ‘Inner Circle’ (inneren Kreis)”, verlautete Daniel Huber. “Es muss jeder Rücksicht nehmen – sich und seinen Teamkollegen zuliebe.”
Die drohende dreiwöchige Quarantäne für nicht geimpfte Sportler bei den im Februar in Peking stattfindenden Olympischen Winterspielen hat die Impffreudigkeit laut Stecher nur peripher beeinflusst. “Gerade die Skispringer sind geläutert durch das Vorjahr. Sie haben von Anfang an in Richtung Impfung tendiert.” Huber hat seinen Entschluss nicht bereut. “Ich kann nur für mich sprechen, aber ich spüre keinerlei Veränderung im Körper. Ich fühle mich sehr gut.”
Und vor wenigen Wochen in starker Sommerform, als er sich zum Doppelstaatsmeister krönte. “Die Richtung stimmt, aber es ist immer etwas anderes, wenn dann der erste Weltcupsprung zu machen ist”, sagte Huber, der im schwächsten Weltcup-Winter der Verbandsgeschichte ohne Einzel-Sieg und ohne Top-Ten-Platzierung im Gesamtranking als Zwölfter noch der Beste war.
Kraft wird wohl seinen Ruf als Spätstarter festigen
Ehe Huber auf eine Top-Ten-Platzierung im Weltcup, Olympiamedaillen, Vierschanzentournee oder das “Bischofshofen-Triple” losgeht, setzte er am Donnerstag noch drei Telemarks ins satte Innsbrucker Matten-Grün. Danach war Schluss. “Mehr brauche ich nicht, die Bedingungen in Nischnij werden ganz anders sein.”
Teamleader Stefan Kraft wird bei den ersten Schnee-Sprüngen in Russland wohl seinen Ruf als Spätstarter festigen. Den regierenden Weltmeister aus Salzburg zwickte in der Vorbereitung wieder der Rücken, Probleme macht aber aktuell ein Sprunggelenk. Er sei vor drei Wochen überknöchelt, erzählte Kraft. “Glück im Unglück, es war wohl nur überdehnt, vielleicht eingerissen, hat der Physio gemeint.” Grundsätzlich habe er aber den Grundstein für eine gute Saison legen können, meinte Kraft. “Ich habe endlich wieder Kniebeugen mit Gewicht machen können. Es ist sicher mehr Substanz da.” Das macht sich auch im Gewicht von zwei zusätzlichen Kilo im Vergleich zum Vorjahr bemerkbar.
Eine Woche nach den Männern heben die Frauen auf der Normalschanze von Nischnij Tagil ab. Der Kalender erfuhr mit nun 28 Einzelbewerben die von den Athletinnen gewünschte Gleichstellung mit den Männern. “Es zeigt, dass Damenskispringen einen Schritt in die richtige Richtung macht. Wir wollen die gleichen Wettkämpfe und Ereignisse haben wie die Herren und vielleicht irgendwann auch eine Tournee – nur so geht das”, sagte Sara Marita Kramer. Die 20-jährige Salzburgerin ist nach einer starken Saison mit gleich sieben Einzel-Erfolgen auf den Geschmack des Siegens gekommen. Die persönliche Zielsetzung ist klar definiert: “Ich möchte einfach die Beste sein”, sagte die Gesamtdritte der Vorsaison, die auch am Donnerstag eindrucksvoll die “Benchmark” vorgab.
In Sachen Nationencup hat das Frauen-Team den im Vorjahr nur viertplatzierten männlichen Kollegen schon etwas voraus. “Wir haben die letzten zwei Jahre den Nationencup gewonnen, wissen aber, dass wir nicht ruhen dürfen”, sagte Frauen-Chefcoach Harald Rodlauer. “Wir haben im Sommer gesehen, dass Slowenien und Japan irrsinnig aufgeholt haben und uns schon Druck geben. Das ist auch gut, dass wir uns immer weiterentwickeln.” Er baut neben Kramer auf die mittlerweile 38-jährige Daniela Iraschko-Stolz, die nicht nur wegen ihrer Leader-Qualitäten “noch immer unser Zugpferd ist”, wie Rodlauer sagte. Keinen Platz im sechsköpfigen ersten Aufgebot hat die von einer Verletzung zurückgeworfene Team-Weltmeisterin Sophie Sorschag.
Das Aufgebot in Nischnij Tagil
Bei den Männern kehrt Manuel Fettner (36) in den Weltcup zurück, nachdem er im Sommer über den Kontinentalcup den siebenten Quotenplatz ersprungen hat. Das recht hohe Durchschnittsalter der derzeitigen Sieben (26,9) senkt der Kärntner Daniel Tschofenig (19). “Er hat es sich verdient, dabei zu sein. Man muss die Jungen fördern und auch mitnehmen”, sagte Chefcoach Andreas Widhölzl. “Schauen wir, wo die Reise hingeht.” Michael Hayböck arbeitet nach seinem Bandscheibenvorfall am Comeback.
Die Aufgebote für die ersten Weltcup-Bewerbe in Nischnij Tagil:
Männer: Philipp Aschenwald, Manuel Fettner, Jan Hörl, Daniel Huber, Stefan Kraft, Markus Schiffner, Daniel Tschofenig
Frauen: Lisa Eder, Sara Marita Kramer, Chiara Kreuzer, Eva Pinkelnig, Daniela Iraschko-Stolz, Jacqueline Seifriedsberger
Medieninfo: APA/red.
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