Nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie können alle ein Lied davon singen: weniger Freizügigkeit, kein Unterricht an Schulen, zeitweise möglichst ganz zu Hause bleiben, keine internationalen Reisen, kein Arbeiten am Arbeitsplatz, Masken, Testpolitik, Contact Tracing, spezielle Schutzmaßnahmen für ältere Menschen – all das prägte in der Pandemie unseren Alltag, mal mehr, mal weniger. Bei der Maskenpflicht und beim Testen ist bzw. war Österreich ohnehin Vorreiter – und Wien vermutlich Weltmeister.

Was hat das Maskentragen gebracht? Zur Senkung des Todesrate laut neuester Studie nichts.

Doch zur Senkung der Covid-Sterblichkeit hat das alles – fast – nichts gebracht. Die Corona-Todesfälle konnten mit sämtlichen Corona-Maßnahmen kein bisschen verringert werden. Zu diesem Befund gelangt die erste umfassende Studie dazu, eben erschienen in Frontiers in Public Health.

Zarte Trendwende durch das Zuhause-Bleiben

Die Studie mit dem Titel “Die Auswirkungen nicht-pharmazeutischer Interventionen auf die Covid-19-Sterblichkeit” hat zehn Corona-Maßnahmen in 169 Länder untersucht. Ergebnis: “Wir finden keine wesentlichen Wirkungen der zehn untersuchten NPIs (nicht-pharmazeutischen Interventionen), die die Zahl der Covid-19-bedingten Todesfälle reduzieren.” Lediglich bei zwei Maßnahmen konnte eine zumindest leichte Senkung der Covid-Sterblichkeit nachgewiesen werden.

Lockdown-Kontrollen der Landespolizeidirektion Niederösterreich im vergangenen November in Vösendorf.APA/HANS PUNZ

So wurde bei strengeren Regeln für das Verlassen des eigenen Zuhauses, damit die Menschen mehr Zeit in ihrer Wohnung verbringen, “eine zaghafte Trendwende” ausgemacht, und zwar “etwa 30 Tage nach der Einführung”. Ebenso konnte bei Regelungen für den Arbeitsplatz ein Zusammenhang nachgewiesen werden: Wo der Arbeitsplatz geschlossen wurde, fand eine Wende statt, die allerdings noch “geringer” war, als beim Zuhause-Bleiben. Zu diesen Ergebnissen gelangten die Studienautoren, nachdem sie alle verfügbaren Daten weltweit zusammengestellt hatten.

Bisherige Untersuchungen weniger zuverlässig

Vorangegangene Studien über die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen stützten sich auf Daten aus der ersten Hälfte des Jahres 2020. Allerdings dürften die weniger zuverlässig sein. Erstens war die Berichterstattung damals ungenügend und sämtliche Fälle wurden nicht rechtzeitig gemeldet. Darüber hinaus gibt es in der ersten Welle nur geringe zeitliche Unterschiede bei der Anwendung der Corona-Regeln. Das hat die Auswertung schwieriger gemacht.

Radikale Corona-Maßnahmen in ShanghaiAPA/AFP/Hector RETAMAL

Die neue Untersuchung stützt sich auf die täglich bestätigten Covid-19-Todesfälle pro Kopf aus Our World in Data. Die Daten zu den zehn verschiedenen Maßnahmen in 169 Ländern wiederum entnahmen die Studienautoren dem Oxford Covid-19 Government Response Tracker (OxCGRT). Dabei haben sie die erste Welle ausgeklammert. Die Untersuchung stützte sich somit auf den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 1. September 2021.

Impfung zeigte deutliche Wirkung – in einem gewissen Zeitraum

Dass die Studie zu einem Umdenken in Wien führt und die Maskenpflicht in den Öffis doch noch abgeschafft wird, erscheint unterdessen als unwahrscheinlich.

Übrigens: Auch die Wirkung der Impfung wurde untersucht. Hier konnte schon ein Effekt nachgewiesen werden, aber nur für einen bestimmten Zeitraum: “Unser Modell zeigt eine konsistente und statistisch signifikante mildernde Wirkung der Impfung auf die Covid-19-Todesfälle ab etwa Tag 45 bis Tag 110 nach der Behandlung.”